Für Mädchen: Bei der Segel-AG
die Freude am Wasser entdecken
Erlebnispädagogin bietet Projekt an Schulen – Drittklässlerinnen lernen Schwimmen und mehr.

Kurz vor der Winterpause ist Britta Becker nochmal auf der „Hansine“, auf der sie einmal im Jahr knapp 500 Lübeckern das Segeln näher bringt.Foto: Lutz Roeßler
Lübeck. Jedes Jahr sterben zu viele Menschen beim Schwimmen. Allein bis Juli 2025 sind in Deutschland laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DRLG) 236 Menschen ertrunken, davon waren acht Kinder unter zehn Jahren. Damit gerade Kinder die Angst vorm Wasser verlieren und sich besser ans Wasser gewöhnen, hat die Erlebnispädagogin Britta Becker eine Segel-AG für Mädchen aufgebaut. Die 40-Jährige arbeitet für das gemeinnützige Unternehmen Kinderwege, das Kinder und Jugendliche in verschiedenen Einrichtungen betreut – von integrativen Kitas über Familienzentren bis hin zu Schulprojekten.Für ihre Segel-AG arbeitet Becker mit zwei Lübecker Schulen zusammen. Rund 20 Mädchen aus den dritten Klassen nimmt sie derzeit mit einer Kollegin einmal die Woche unter ihre Fittiche. Im Winter stehen Theorie und Sicherheit im Vordergrund: Dann geht es mit den Grundschülerinnen unter anderem ins Schwimmbad. Denn Becker ist nicht nur Erlebnispädagogin. Sie ist auch ehrenamtliche Seenotretterin, Rettungsschwimmerin – und Schwimmlehrerin. Deshalb kann sie bei den Grundschülerinnen die Prüfung zum Seepferdchen selbst abnehmen.Segel-AG vermittelt
Sicherheit auf dem Wasser

Das sei ein weiterer Schritt, um Kindern nachhaltig Sicherheit im Wasser zu vermitteln, sagt sie. „Mir ist wichtig, dass die Kinder schwimmen lernen“, betont sie. „Es ist wichtig, dass die Kinder durch das Selbstbewusstsein und auch das Schwimmtraining für alle Fälle eine Überlebensstrategie erlernen.“

Neben dem Schwimmen lernen die Mädchen im Erste-Hilfe-Kurs, wie man Wunden versorgt. Außerdem erfahren sie Wissenswertes über Segelboote, wie sie die Segel setzen oder richtige Knoten machen.

Sobald das Wetter es zulässt, beginnt für die Segel-AG der Praxisteil auf der Wakenitz. Dort lernen die Mädchen, eigenverantwortlich zu segeln. Becker zeigt ihnen, wie sie ein Segelboot allein steuern. Sie erfahren aber auch, dass eine falsche Entscheidung oder Bewegung im Boot bedeuten kann, im Wasser zu laden oder sogar zu kentern.„Der Sport braucht mehr Frauen“, sagt Becker. Deshalb bietet sie die AG nur für Mädchen an. Die Betreuerinnen sprechen die Schülerinnen aktiv an, ob sie Segeln ausprobieren möchten. Becker möchte ihnen vermitteln, dass Segeln kein elitärer Sport sei. „Man kann auch in Sporthosen segeln, dafür braucht man keinen Neoprenanzug“, sagt sie .Projekt beliebt
bei Kindern und Eltern

Die Segel-AG komme gut an, sagt Becker. Nicht nur bei den Kindern, sondern auch bei den Familien. „Eine Mutter der Mädchen ist Ärztin und hat angeboten, ihre Arbeit und ihre Erfahrung bei dem Erste-Hilfe-Kurs zu zeigen.“ Ein Vater sei sogar mit dem Paddelboot zu der Übungsstelle gefahren, um mit zu trainieren und seiner Tochter dabei zuzuschauen, wie sie es lernt, erzählt Becker. „Ein anderer Vater hat im Sommer einen Segelkurs gemacht, damit man in Zukunft zusammen segeln kann.“

Die Segel-AG ist nicht das einzige Projekt der Pädagogin, um Kindern den Zugang zu Wasser, Schwimmen und Segeln zu vermitteln. Einmal im Jahr chartert Britta Becker fünf Tage lang den Traditionssegler „Hansine“ zusammen mit dem Lübecker Verein Kinderwege. Mit Unterstützung einer ehrenamtlichen Crew organisiert sie dann täglich vier Fahrten – für Kita-Kinder, Jugendliche und Familien. Die Jüngsten an Bord sind etwa vier Jahre alt.

Gerade für Kinder seien die Segeltörns eine tolle Erfahrung. „Man sieht richtig, wie die Kinder strahlen, wenn sie vom Schiff wieder herunterkommen“, erzählt Becker. „Wenn die Kinder das erste Mal auf das Schiff kommen, sind sie meist ängstlich, aber das ändert sich mit der Zeit, und sie werden dort immer selbstbewusster.“ An Bord des Seglers würden die Kinder lernen, wie Teamarbeit aussehe, wie Verantwortung gehe und dass ihre Taten, wie das Segel zu setzen, sofortige Wirkung zeigten.

Teamarbeit spiele eine zentrale Rolle, sagt Becker. „Alle müssen an Bord helfen, keiner kann einfach loslassen, wenn das Segel gesetzt wird.“ Die „Hansine“ sei ein besonderer Erlebnisraum – auch, um Umweltbildung greifbar zu machen. Die Kinder sollen etwas über die Lebewesen der Ostsee lernen. Sie untersuchen Meerwasser unterm Mikroskop, um Mikroplastik zu finden, oder diskutieren über Umweltschutz. „Über den Umweltschutz wissen die Kinder in der Regel aber schon so einiges.“Becker möchte vor allem Kindern mit ihren Projekten zeigen, wie viel Freude und Selbstbewusstsein das Segeln vermitteln kann. „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.“ maike trumpp
Druckansicht