Überall liegt Krempel: auf dem Sofa, auf dem Bett, auf und in den Schränken, auf dem Boden. DVDs, Videokassetten, Bücher, Wollknäuel, Tabakdosen, Tassen, Blumentöpfe, leere Verpackungen, Kleider, Schuhe, Kerzen, Aschenbecher, Schachteln, Einkaufbons, Taschen. Chaos, für Außenstehende schier überwältigend, aber nicht für Torben Quadt. Der professionelle Entrümpler aus Heiligenhafen geht den Auftrag, diesen Haushalt aufzulösen, strategisch an.
„Erst einmal die Kleidung“, sagt Torben Quadt, während sein Mitarbeiter im einstigen Schlafzimmer schon dabei ist, Pullover und Hosen und Blusen in Säcke zu stopfen. „Danach sammeln wir Porzellan und Glas, Elektrogeräte, dann Siedlungsabfall, dann Sperrmüll und Teppiche.“
„Ich erkenne noch
freien Boden“
Eine ältere Frau soll in der heruntergekommenen Wohnung gelebt haben. Sie ist jetzt vermutlich in einem Pflegeheim, ihre Angehörigen haben Torben Quadt beauftragt. Ein Messie-Haushalt sei das noch nicht, sagt er, „nur kurz davor, ich erkenne ja noch freien Boden, da habe ich schon Schlimmeres gesehen“.
Seit knapp fünf Jahren übernimmt der ehemalige Berufssoldat mit seiner Firma Hanse-Belt Haushaltsauflösungen, Entkernungen und Müll-Entsorgung in Ostholstein und Lübeck. Krass vermüllte Wohnungen mit hohem Ekelfaktor seien die Ausnahme, berichtet Torben Quadt: „In diesem Jahr hatte ich noch keine, 2024 waren es zwei Fälle.“
In stark verwohnten Behausungen arbeitet der 46-Jährige hingegen öfter, so wie jetzt. „Natürlich fragt man sich, wie jemand so leben konnte und warum sich nicht eher jemand darum gekümmert hat“, sagt Torben Quadt. Manchmal wohnten Verwandte jedoch weit entfernt, manchmal ließen Betroffene niemanden mehr in ihr Zuhause. „Es gibt alles, und man weiß nicht, welche Geschichte dahintersteht.“
Hausrat kommt auf
die Deponie-Waage
Aus den knapp 60 Quadratmetern entsorgen er und sein Mitarbeiter etwa 20 Kubikmeter Müll, schätzt der Profi – Dachboden und Keller inklusive. Denn auch dort finden die Entrümpler einen Haufen kaputter Möbel, weitere Klamotten, einen alten Fernseher. Die Kosten richten sich nach dem Gewicht, das der entsorgte Hausrat auf die Deponie-Waage bringt, und nach dem Aufwand.
Sind Räume stark verschimmelt oder verdreckt, tragen die Entrümpler Masken, Überschuhe und Schutzanzüge. Torben Quadt hat auch einen Lehrgang als Tatort-Reiniger absolviert. Es gebe aber auch viele harmlose Einsätze, erklärt er, „dann bauen wir nur einen großen Schrank oder ein schweres Bett ab oder räumen eine Garage leer“.
Häufig hat er es mit Hausrat zu tun, der nicht mehr benötigt wird, aber kein Müll ist. „Der Mensch ist ein Jäger und Sammler“, sagt Torben Quadt, der das Gesammelte wegwerfen muss. „Wer keinen Sinn im Leben findet, verliert sich leicht im Materiellen und kauft und kauft“, erklärt er. „Es gibt viele Dinge, die noch gut und schön sind, die aber keiner mehr haben will – auch, weil es keine Wertschätzung mehr für wertige Gegenstände gibt.“
Selbst der Markt für antike Möbel sei am Boden, hat Torben Quadt erfahren. Der Betrieb eines eigenen Flohmarktes würde sich für ihn nicht lohnen, allein schon wegen der Kosten für ein Lager oder eine Trödelhalle. Deshalb bringt er alles zur Deponie. „Wenn es aber jemanden geben sollte, der uns Hausrat zuverlässig abnimmt und diesen zum Beispiel in Krisengebiete liefert, biete ich gern meine Zusammenarbeit an“, sagt Torben Quadt.
Waffen-Funde
holt die Polizei ab
Legendäre Schätze wie verstecktes Bargeld habe er nie gefunden – „bis auf ein einziges Mal, 6000 Euro, aber dabei stand von vornherein fest, dass sich dieses Geld irgendwo in der Wohnung befinden musste“. Derlei Funde bekommen die Auftraggeber. Heikle Entdeckungen wie Waffen und Munitionsreste lässt der Entrümpler von der Polizei abholen, doch derart ungewöhnlicher Besitz stelle eine Ausnahme dar.
Die Regel ist das, was wohl jede und jeder anhäuft: Kram. Deko und Geschirr, Haushaltswaren und Kleidung und Werkzeug, meist billig in fernen Ländern produziert und hier irgendwann sowohl überflüssig als auch nicht wiederverwertbar. All diese Sachen könne man am Ende nicht mitnehmen, betont Torben Quadt. Im Sinne seines christlichen Glaubens sei es daher wichtig, „im Geiste Schätze anzusammeln, denn die nehmen wir mit, wenn wir diese Welt verlassen“.
Er achte mittlerweile privat darauf, nicht zu viel Krempel zu horten. „Wenn ich etwas auf den Dachboden bringe, hole ich zugleich auch etwas herunter und werfe es weg.“ Und wer darauf verzichte, ständig neue Dinge zu kaufen, spare Geld, das für gute Zwecke gespendet werden könnte. „Lieber etwas abgeben“, rät Torben Quadt – dann bleibt auch nicht so viel übrig, das niemand mehr braucht.