„Irgendwann kommt die Zeit, da kann man nicht mehr“, sagt Günter Reinhold. Er sei schon etwas traurig und lasse die wertvollen Obstsorten ungern im Stich. „Andererseits bin ich froh, dass ich in meinem Alter mich noch so um die Obstwiese kümmern konnte, auch mit großer Unterstützung meiner Frau.“ Dennoch, auf Leitern steigen und in den Bäumen herumklettern, das sei eben nicht mehr drin.
Ein NaturraumDie Streuobstwiese war früher ein herrenloses Gelände der Stadt und wurde angelegt auf Initiative von Herbert Mau (1924-2019), Naturfreund, Gründungsmitglied der Stiftung Oldenburger Wall, Schiedsmann und Kommunalpolitiker. Mitten im Stadtgebiet entstand ein Naturraum, ein Biotop der besonderen Art mit Teich und Wassergraben zum Wallmuseum. Mittlerweile stehen auf der Fläche 136 Obstbäume, darunter auch Kirsche, Pflaume und Quitte, aber vor allem 112 Apfelbäume.
Allerdings mussten ein paar Bäume zuletzt auch gefällt werden, da sie nicht mehr zu beschneiden waren. Und Günter Reinhold macht sich Sorgen um andere große, ältere Exemplare. Sie müssten großflächig gekappt oder auch ganz weggenommen werden. Es sei die Konsequenz daraus, dass er in den Jahren zuvor immer wieder auf große Probleme aufmerksam gemacht und um Unterstützung geworben habe, aber niemand so recht ehrenamtlich mithelfen wollte.
Jetzt aber haben sich doch Nachfolger gefunden. Wie Oldenburgs Bürgermeister Jörg Saba informiert, werde Günter Reinhold die ehrenamtliche Arbeit zum 1. Dezember abgeben. Es habe sich eine Interessengruppe gefunden, die bestehe aus Anwohnern am Weidekamp, der direkt hinter der Streuobstwiese liegt. Saba möchte aber auch betonen: „Unser allergrößten Dank gilt Günter Reinhold für die unschätzbare Arbeit.“
Zentnerweise werden
Äpfel zu Saft verarbeitet
Bis zur Übergabe ist noch viel zu tun. So werden die Äpfel auch in dieser Erntesaison wieder rund 800 bis 900 Liter Apfelsaft ergeben.
Gerade erst hat Günter Reinhold wieder viereinhalb Zentner zur Mosterei gebracht. Schon mehr als 15 Zentner seien es bis zum jetzigen Zeitpunkt. Dabei sammle er immer einen Mix aus etwa zehn verschiedenen Sorten ein: „Damit der Saft nicht zu sauer oder zu süß wird.“
Über all die Zeit hat er sich Wissen angeeignet, das er gerne weitergeben würde. So kann er auch über jeden Apfel Wissenswertes erzählen. Er zeigt zum Beispiel den Roten Gravensteiner vor, der nicht so häufig sei und dessen Fleisch sich auch rötlich verfärbe. Auch im November gebe es noch Früchte wie den Winterapfel Champagner Renette zu ernten. Der habe eine gute Lagerfähigkeit und könne ab März verzehrt werden.
Besondere Pflege hat Günter Reinhold den Bäumen auch angedeihen lassen: „Wir lassen Mulch ein Jahr liegen und bringen es angerottet im November an die Bäume heran als Frostschutz. Zu Beginn des Frühjahrs werden die Bäume dann davon befreit bis zur Veredelungsstelle, eine Verdickung oder ein Knick am unteren Stammende, damit Sauerstoff herankommt – alles mühevolle Arbeit.“
Er sei glücklich, erlebt und genossen zu haben, was auf der Streuobstwiese entstand. „Es ist zu einer Berufung geworden und hat viel Spaß gemacht“, sagt Günter Reinhold. Die Blütezeit im Mai und Juni, aber auch zuzuschauen, wie die Äpfel wachsen – daran habe er sich immer besonders erfreut.