Die Sparkassen-Chefs wünschen sich diese Querung ebenfalls. Das Geldinstitut zieht mit einem neuen Verwaltungsgebäude auf die Nördliche Wallhalbinsel. Eine Brücke für Radfahrer und Fußgänger in Richtung Gollan-Werft würde das Areal weiter aufwerten. „Die geplante Fußgängerbrücke zur Nördlichen Wallhalbinsel ist ein entscheidender Schritt, um die Entwicklung des Werftquartiers voranzutreiben und die Stadtteile miteinander zu verbinden“, sagt Thilo Gollan, Unternehmer und Geschäftsführer der Kulturwerft Gollan, „sie schafft neue Wegverbindungen in die Innenstadt, lässt die Nördliche Wallhalbinsel nicht in einer Sackgasse enden und erschließt gleichzeitig das gesamte Areal um das Werftquartier auf direktem Weg.“
Gollan wirbt seit Jahren für die Brücke. „Wir brauchen diese direkte Verbindung, um das Potenzial des Quartiers vollständig auszuschöpfen und unsere Vision von einem lebendigen, kulturellen, innovativen Ort zu verwirklichen“, sagt der Unternehmer.
Ein dauerhafter Brückenschlag zwischen den Quartieren ist auch aus Sicht des Architekturforums unbedingt erforderlich. „In Lübeck-Nordwest liegen in der Zukunft die Potenziale für Lübecks weitere Entwicklung“, sagt die Vorsitzende Inga Mueller-Haagen. „Insbesondere die Roddenkoppel nimmt hierbei eine Schlüsselrolle ein, da sie nicht nur die Möglichkeit bietet, den öffentlichen Grünraum nach Norden zu erweitern, sondern auch die angrenzenden Stadtteile weitergehend über die Bahnlinie hinweg miteinander zu verbinden.“
Das Architekturforum weiß, wovon es spricht. Denn es hat 2019 eine Pontonbrücke über den Stadtgraben gelegt – für drei Wochen. „Wir wollten die räumliche Nähe der Roddenkoppel zur Altstadt für die Menschen sicht- und erlebbar machen und aufzeigen, wie wichtig und positiv ein Brückenschlag zwischen Altstadt und St. Lorenz Nord ist“, sagt die Architektin Mueller-Haagen. Das Forum traf den Nerv der Zeit. 25.000 Menschen testeten damals die Verbindung.
In den städtischen Plänen ist die neue Brücke längst verankert. Im Bebauungsplan für die Nördliche Wallhalbinsel von 2022 heißt es: „Eine zusätzliche fußläufige Anbindung an die Gewerbeflächen auf der Roddenkoppel wird optional bei der Planung der Freiflächen zwischen den Schuppen B und C sowie C und D mitgedacht. Wesentliche Teilflächen von diesen Plätzen verbleiben im Eigentum der Stadt und können für eine spätere Brückenanbindung über den Wallhafen für Zuwegungen genutzt werden.“
In einem städtebaulichen Entwicklungskonzept für den Bereich sei eine Fuß- und Radwegbrücke eine von acht geplanten Maßnahmen, erklärt Bürgermeister Lindenau. „Dies ist noch der Entwurf. Eine Vorlage dazu wird in der zweiten Jahreshälfte für die Gremien erwartet.“ Wo die neue Brücke stehen könnte, ist also klar. Unklar ist, wie viel sie kosten würde, wie sie finanziert würde und ob alle Behörden mitspielen. „Viele Parameter wie die Schiffbarkeit des Stadtgrabens und die notwendige Brückenhöhe sind noch zu klären“, sagt der Bürgermeister, „die räumliche, zeitliche und kostenseitige Auswirkung ist nur grob einzuschätzen.“
Schon die dreiwöchige Pontonbrücke des Architekturforums im Jahr 2019 war ein bürokratischer Kraftakt. „Um das ambitionierte Vorhaben zu realisieren, waren seinerzeit Abstimmungen mit einer Vielzahl von Beteiligten erforderlich“, sagt Mueller-Haagen. „Insbesondere die temporäre Sperrung der Wasserstraße war herausfordernd.“
Es gibt weitere Hürden. Aktuell hat die Stadt finanzielle Sorgen. „Wir haben einen unfassbaren Investitionsstau“, sagt der Grünen-Fraktionschef Axel Flasbarth. Gerade erst habe die Finanzaufsicht des Landes die städtischen Investitionen „brutal zusammengestrichen“.
Angesichts der aktuellen Finanzlage der Stadt sei es „schwer vorstellbar, dass die Brücke kurzfristig kommt“, sagt auch der CDU-Fraktionschef Christopher Lötsch. Trotzdem sagen CDU und Grüne, dass das Vorhaben richtig sei. „Langfristig wird die Brücke kommen“, sagt Christopher Lötsch, „denn sie ist sinnvoll.“ Axel Flasbarth: „Die Bedeutung des Bauwerks ist unbestritten. Die Frage ist, wann wir es uns leisten können.“ Lübeck sollte auf jeden Fall mit der Planung beginnen.
SPD-Fraktionschef Peter Petereit hält eine Förderung von Bund und Land ähnlich wie bei der Stadtgrabenbrücke für denkbar. „Wir gehen davon aus“, sagt Petereit, „vor dem Hintergrund der beschlossenen Investitionspakete auf Bundesebene könnte es schneller gehen als gedacht.“