Die Vorgaben für die Bewertung macht die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). „Sie richtet sich dabei nach der schlechtesten Qualitätskomponente“, erklärt Joachim Siebrecht, Leiter des Fachdienstes Natur und Umwelt beim Kreis Ostholstein. Bei Seen wird überprüft, wie viele Mikroalgen, Wasserpflanzen, Kieselalgen, Fische und wirbellose Tiere im Seeboden vorkommen. Bei Fließgewässern sind die Kriterien das natürliche Vorkommen von Pflanzen und Fischen und die Durchgängigkeit für alle Lebewesen. Ebenso geht es darum, ob sanierte, naturnahe und naturbelassene Uferzonen vorhanden sind und wie hoch die Schadstoffbelastung ist.
„Den ökologischen Zustand der Seen beeinflussen in erster Linie Nährstoffeinträge, die aus der Landwirtschaft stammen“, sagt Joachim Siebrecht. Sie ist für mindestens 50 Prozent des Gesamtanteils verantwortlich. Dabei haben das Land und die schleswig-holsteinischen Bauern eine freiwillige Abmachung zur Nährstoffreduktion getroffen.
Aus Abwasserleitungen für Schmutz- und Niederschlagswasser gelangen ebenfalls Nährstoffe, vor allem Phosphate und Stickstoffverbindungen, sowie Rückstände aus Arzneimitteln, von Plastik, Dünger oder Chemikalien in die Gewässer. Sie machen rund zehn bis 30 Prozent aus. Über undichte Leitungen und Schächte unter landwirtschaftlich genutzten Flächen versickern aufgebrachte Nährstoffe sowie Pflanzenbehandlungs- und schutzmittel.
„Ein großes Problem sind häusliche Kleinkläranlagen, die im ländlichen Raum noch recht verbreitet sind“, sagt Joachim Siebrecht. In Ostholstein gibt es rund 4500 davon. Laut Siebrecht fallen etwa 3500 in die Zuständigkeit des Kreises, rund 1000 in die der Bürgermeister.
„Die Kleinkläranlagen bauen kaum bis keine Nährstoffe ab“, sagt der Fachdienstleiter. Viele würden nicht entsprechend gewartet. Auch illegale Einleitungen des Schmutzwassers seien nicht selten. Nach Auskunft des Kreissprechers Simon Bosk fehlten der unteren Wasserbehörde Fachkräfte, um die Kleinkläranlagen regelmäßig zu überprüfen.
Siebrecht appelliert an die Eigentümer, Eigenverantwortung zu übernehmen: „Jeder, der eine solche Anlage hat, kann etwas für Natur- und Umweltschutz tun: indem er sie regelmäßig warten und reinigen lässt.“
Ziel der Wasserrahmenrichtlinie war ursprünglich, bis 2015 einen guten Zustand für alle Gewässer zu erreichen. „Das ist schon 2015 auf 2027 verschoben worden“, berichtet Joachim Siebrecht.
Darauf, dass der Zustand der Gewässer in Ostholstein rasch verbessert wird, drängen auch die Freien Wähler im Kreis. Ihr Vorsitzender Olaf Bentke hat bei Spaziergängen eigene Beobachtungen an Seen gemacht. „Und wir sind mehrfach von Anglern angesprochen worden“, sagt er. Philipp Vorndran, sein Stellvertreter, sagt: „Wir fordern vom Kreis, dass er die Vorgaben ernst nimmt und alle Möglichkeiten in seinem Zuständigkeitsbereich nutzt, sie zügig umzusetzen.“
Am 19. Mai tagt der Ausschuss für Natur und Umwelt. Die Verwaltung solle „Maßnahmen vorstellen, wie das Ziel der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, bis 2027 die katastrophale Wasserqualität auf den Standard ‚gut‘ anzuheben, erreicht wird“, verlangen die Freien Wähler.
Circa 50 Prozent der Kleinkläranlagen könnten an die zentrale Abwasserentsorgung angeschlossen werden, schätzt der Kreis. „Da sind wird dran”, sagt Joachim Siebrecht und verweist auf die Zusammenarbeit mit dem Zweckverband. Mit entsprechendem Personal könnten auch mehr Anlagen kontrolliert werden. Neue solle es nicht geben. „Künftige Baugebiete müssen an Großkläranlagen angeschlossen werden“, sagt Joachim Siebrecht.
Randstreifen und Renaturierungsmaßnahmen – finanziert durch Ersatzgelder des Kreises (‚Ablasszahlungen‘ für Eingriffe in die Natur) – sollen den Zustand der Gewässer ebenfalls positiv beeinflussen. Angesetzt wird zunächst bei Flüssen. Verbessert sich deren Wasserqualität, wirkt sich das auch auf die Seen aus.
Joachim Siebrecht geht davon aus, dass sich der Zustand des Stendorfer Sees absehbar positiv verändern wird. Durch Maßnahmen an der Schwentine soll Nährstoff-Fracht abgefangen werden. So soll der Kasseedorfer Mühlenteich nicht mehr in den Fluss abgelassen werden.
Die Badewasserqualität der ostholsteinischen Seen wird zwar nach anderen Kriterien beurteilt als jenen, mit denen die ökologische Qualität gemessen wird. Joachim Siebrecht sagt jedoch: „In Gewässern mit Note 5 würde ich persönlich nicht baden gehen.“