Für die Polizei hat die Studie der Allianz keine Bedeutung. „Die bloße Addition von Verkehrsunfällen mit Verletzten im Verlauf einer Straße mag plakativ wirken, ist für die Verkehrssicherheitsarbeit aber nur von geringer Aussagekraft“, erklärt Sprecher Ulli Fritz Gerlach von der Polizeidirektion Lübeck, die andere Merkmale im Blick hat.
Wesentliches Ziel der Polizei sei die Identifizierung von Unfallhäufungsstellen, um diese im Zusammenwirken mit den zuständigen Behörden im Land, im Kreis und in den Kommunen zu entschärfen, so Gerlach. Eine Unfallhäufungsstelle definiere sich nach dem Vorkommen gleicher Verkehrsunfälle an einem Knotenpunkt beziehungsweise auf einem Straßenabschnitt. Gerlach betont: „Mindestvoraussetzung sind drei Verkehrsunfälle gleichen Typs im Kalenderjahr.“
Im Verkehrssicherheitsbericht 2023 der Polizei zählte der Rettiner Weg in Neustadt beispielsweise zur gefährlichsten Straße in Ostholstein. Die Strandallee fand in dem Zusammenhang keinerlei Erwähnung. „Es gibt daher aus polizeilicher Sicht keinen Unfallschwerpunkt“, sagt Gerlach.Eine Gefahr in der Strandallee sind für Verkäuferin Heidi Petersson eher die Radfahrer, die nach ihrer Meinung immer rücksichtsloser werden. Vor allem in den Sommermonaten, wenn es auf den Straßen in Scharbeutz voll ist, fahren die Urlauber auf ihren Rädern viel zu schnell durch die in der Saison autofreien Strandallee im Ortszentrum und gefährden damit andere Verkehrsteilnehmer. „Die donnern hier mitunter durch“, berichtet sie und fordert „im Urlaubsgebiet ist eine gewisse Rücksichtnahme“. In der verkehrsberuhigten Zone im Ortskern bekommt auch Mitarbeiterin Michaela Müller des Öfteren, gerade in der Ferienzeit, „Konflikte mit Fahrrädern“ mit. „Einmal ist ein Radfahrer gestürzt“, berichtet sie.
Die Beobachtungen decken sich mit den Angaben der Polizeidirektion Lübeck: 2023 wurden 23 Verkehrsunfälle in der Strandallee polizeilich aufgenommen. Darunter ereigneten sich sieben Verkehrsunfälle alleinbeteiligter Rad- beziehungsweise Pedelec-Fahrer und insgesamt 16 Verkehrsunfälle unter Radverkehrsbeteiligung. Insgesamt wurden 22 Personen leicht und vier Personen schwer verletzt. „Insbesondere bei den Alleinunfällen der Radfahrenden ist anzumerken, dass sich einige allein nur aufgrund von Unaufmerksamkeit und eigenen Fahrfehlern ereigneten“, betont Ulli Fritz Gerlach.
Für die Scharbeutzer und auch für die Polizei ist die Analyse der Versicherung also zweifelhaft. „Auch oder gerade im Hinblick auf die Länge der Strandallee sowie der Verschiedenartigkeit der Verkehrsunfälle ist das Unfallgeschehen unauffällig“, betont Gerlach.