„Wir sind das erste Mal in Schleswig-Holstein im Einsatz“, sagt Skyseed-Mitbegründer Ole Seidenberg. Innovativ sei nicht nur die Verteilung des Saatguts per Drohne, sondern auch das Saatgut an sich. „Es ist pelletiert und Dank seiner Glucose-Ummantelung sowohl vor Witterung als auch vor Vögeln und Mäusen geschützt“, erklärt Seidenberg.
„Dass die Drohne in kurzer Zeit verschiedenes Saatgut bunt gemischt verteilen kann, passt perfekt zu unserem naturnahen Konzept und zu dem Ziel, hier einen vielfältigen Mischwald entstehen zu lassen“, betont Förster Jonas Gardlo. Setzlinge zu pflanzen, sei viel zeitintensiver. Außerdem seien diese oft nicht so widerstandsfähig, „weil sie in den Baumschulen unter anderen Bedingungen aufgewachsen sind und quasi verwöhnt wurden“.
Ermöglicht wurde das Drohnen-Projekt durch eine zweckgebundene Spende des Lübecker Unternehmens Martens & Prahl an die Hansestadt anlässlich des 125-jährigen Firmenjubiläums. „Wir finden das Konzept von Skyseed total klasse“, sagt Geschäftsführer Holger Mardfeldt. Um die Idee von Ole Seidenberg und seinen Mitstreitern zu unterstützen, hat der Versicherungsmakler nicht nur die Skyseed-Drohnen kostenlos versichert, sondern auch 25.000 Euro in die Aufforstung per Drohne in Lübeck investiert.
Fast wäre das Projekt dennoch gescheitert.Die beim Land beantragte Aufforstungsgenehmigung wurde 2023 zunächst abgelehnt, weil die von Tennet geplante Elbe-Lübeck-Überlandleitung mitten durch den neuen Wald führen wird.Nun wurde ein Kompromiss gefunden: Statt der ursprünglich geplanten 400.000 Bäume auf 50 Hektar werden jetzt nur 30 Hektar mit 240.000 Bäumen bepflanzt.In diesem Jahr werden 15 Hektar aufgeforstet, fünf davon per Drohnen-Aussaat. Diese erfolgt in drei Etappen, weil verschiedene Baumarten wachsen sollen, die zu unterschiedlichen Zeiten gesät werden müssen. Bei dem nächsten von Raphael Müller gesteuerten Drohnenflug im Dezember werden Birke, Erle und Ulme gesät. Müller ist nicht nur Drohnen-Pilot, sondern auch Maschinenbauingenieur und hat den Aussaatmechanismus der Drohne entwickelt.
Das Säen aus der Luft sieht futuristisch aus und geht sehr schnell. Um einen Hektar mit Saat zu versorgen, braucht „Thor“ zwischen fünf und zehn Minuten. Aufmerksam verfolgt wird der Drohnenflug auch von vier Azubis des Lübecker Stadtwaldes. Unter anderem mit ihrer Hilfe wurden in den vergangenen Wochen auf acht Hektar Eicheln per Hand gesät, weil sie für „Thor“ zu schwer sind. Auf den restlichen zwei Hektar werden Setzlinge verschiedener Baumarten eingepflanzt, unter anderem im Rahmen der Aktion „Gemeinsam buddeln“.
„Drohnen haben für viele Menschen etwas Bedrohliches. Wir wollen zeigen, dass sie auch für gute Zwecke eingesetzt werden können“, sagt Ole Seidenberg. Die Aussaat aus der Luft imitiere das „Verhalten“ der Bäume, die ihre Samen von oben abwerfen. Auch wenn Schleswig-Holstein das waldärmste Bundesland ist, hat es laut Seidenberg einen großen Vorteil: „Dem Wald im Norden geht es gut. Das sieht anderswo ganz anders aus.“ Und bald ist Lübeck um einen Wald reicher. Förster Gardlo blickt lächelnd in die Zukunft: „In 20 Jahren stehen hier in Niendorf 15 Meter hohe Bäume.“