„In der Altstadt mit ihren vielen Häusern und dem hohen Verbrauch macht Fernwärme Sinn“, sagte Ben-Colin Matthies von der Klimaleitstelle bei einer Anhörung der Bürgerschaftsfraktion der Grünen, „wir werden versuchen, dort ein Fernwärmenetz zu verlegen.“ Voraussetzung sei allerdings, dass der vorgeschriebene Mindestabstand von einem Meter zu anderen Leitungen im Boden aufgehoben werde. Der Klimamanager: „Den Abstand müssen wir reduzieren, sonst wird es schwierig.“
Die Klimaleitstelle soll noch in diesem Jahr einen kommunalen Wärmeplan vorlegen. Darin werde es aber keine straßengenauen Aussagen geben, wo in der Altstadt Fernwärmeleitungen möglich sind und wo nicht, erklärte Ben-Colin Matthies. Auch Inga Mueller-Haagen, Vorsitzende des Architekturforums Lübeck, sieht in Wärmenetzen eine Lösung, machte aber bei der Anhörung klar: „Fernwärme in die Altstadt zu bekommen, das dauert Jahrzehnte und ist bis 2035 nicht zu schaffen.“
Die Architektin regte an, über Heizen mit Strom für die Altstadt nachzudenken. Das sei zwar deutlich teurer, aber die Stadt könnte die Strompreise subventionieren. Das Architekturforum lehne Wärmepumpen in der Altstadt wegen des Lärms ab und rate auch von Photovoltaikanlagen auf den Hausdächern ab. „Kleinteilige Lösungen sind ineffizient“, sagte Mueller-Haagen.
Windkraft und Photovoltaik fallen als Energieträger für die Altstadt weitgehend aus, bestätigte Klimamanager Matthies. Die vielen kleinen Dächer würden keine nennenswerten Strommengen produzieren, und durch geschützte Sichtachsen würden Lübeck potenzielle Windanlagen-Gebiete verloren gehen. Die Dachlandschaft der Altstadt präge maßgeblich das Weltkulturerbe, sagte die Welterbebeauftragte der Hansestadt, Catharina Vogel: „Wir sagen nicht zu allem nein, können aber auch nicht zu allem ja sagen.“ Es gebe noch zu wenige gute Lösungen. Die Dachlandschaft müsse geschützt werden, stellte auch Inga Mueller-Haagen klar: „Solaranlagen auf diesen Dächern sind aus unserer Sicht ausgeschlossen.“
Das Heizen ist das zentrale Problem, aber auf Eigentümer von Denkmalen kommen weitere Probleme zu. Hitzeperioden und Starkregen würden denkmalgeschützte Gebäude zunehmend in Mitleidenschaft ziehen, sagte Lübecks Chef-Denkmalschützer und Archäologe, Dr. Dirk Rieger. In Hinterhöfen, in denen mittelalterliche Kloaken liegen, würde die Fäkalfüllung in heißen Sommern austrocknen. Die Hinterhöfe würden dadurch absacken und die Häuser ringsherum Risse bekommen. Steht der Denkmalschutz bei all diesen Herausforderungen dem Klimaschutz im Weg? Nein, waren sich die Expertinnen und Experten bei der Grünen-Anhörung einig. Der Schutz historischer Gebäude und die Sanierung langlebiger Baustoffe sei Klimaschutz im besten Sinne, sagte Denkmal-Chef Dirk Rieger: „Diese Gebäude haben eine bessere Klimabilanz als die neuen Betonbauten.“ Die geringe Flächenversiegelung durch die dichte Bebauung sei ein großer Beitrag zum Klimaschutz, ergänzte Architektin Mueller-Haagen.
Schöne Worte, doch was fangen Hauseigentümer damit an? Klimaleitstelle, Denkmalschutz und Stadtbildpflege würden an einer Handreichung arbeiten, versicherten die Expertinnen und Experten. Dort soll drin stehen, an wen ratlose Eigentümer sich wenden können.