„Die Arbeitslosigkeit war noch nie so niedrig. Die Arbeitslosenquote liegt bei 4,7 Prozent“, erklärt der Arbeitsmarktexperte. Stand August gebe es 5100 Arbeitslose in Ostholstein. Da es immer eine Fluktuation und einige Personen gibt, die einfach nicht vermittelbar sind, ist „das nahezu Vollbeschäftigung.“
Zudem sind in Ostholstein massiv Arbeitsplätze im Tourismus aufgebaut worden. Marzian: „Allein im Gastgewerbe sind von 2019 bis heute 1000 zusätzliche Jobs entstanden.“ Auf der anderen Seite bringen diese eigentlich guten Nachrichten Negatives mit sich. Die Betriebe finden nicht genug Personal – und diese Situation wird sich noch verschärfen. In den kommenden zehn Jahren gehen in Ostholstein 20.000 Beschäftigte in den Ruhestand, und nur 15.000 Jüngere rücken nach. Deshalb hat der Jobcenter-Chef vorgeschlagen, verstärkt Senioren für Jobs anzuwerben.
Das Interesse der Ruhestandsgeneration ist da. Die Zahl der beschäftigten Rentner ist in den letzten fünf Jahren in Ostholstein um 15 Prozent und damit stärker gestiegen als im Bundes- und Landesdurchschnitt (12 Prozent). „Das hängt auch damit zusammen, dass das Lohnniveau in Ostholstein niedriger ist als im Landes- und Bundesschnitt, denn damit sind auch die Renten niedriger.“ Ein Zusatzjob ist daher attraktiver, einige müssen sogar zusätzlich arbeiten. Das niedrigere Gehaltsniveau hängt mit den Branchen zusammen, in denen die Ostholsteiner arbeiten. Marzian: „Die überwiegende Zahl der Beschäftigten arbeitet in der Gastronomie, der Hotellerie, dem Gesundheitssektor oder der Pflege. Da sind die Gehälter nicht so hoch.“
Ein weiterer wesentlicher Punkt, um dem Personalmangel entgegenzuwirken, sind Arbeitskräfte aus dem Ausland beziehungsweise Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen. „Wir haben Mitarbeiter aus 20 Nationen und rekrutieren im Ausland. Wir brauchen gut funktionierende Ausländerbehörden. Es darf nicht an Formalien hängen bleiben, diese Abteilung braucht Unterstützung. Digitalisierung darf kein Wort in der Ferne sein und Abläufe müssen gestrafft werden. Das ist ein wichtiger Punkt für die Wirtschaft“, fordert deshalb Hansa-Park-Chefin Claudia Leicht bei dem Treffen.
Die Statistiken belegen das. Insgesamt arbeiten rund 65.000 Menschen in Ostholstein. Über alle Branchen hinweg ist nach einer Analyse des Jobcenters die Zahl der Beschäftigten innerhalb eines Jahres um 500 gesunken. „Das liegt auch daran, dass Betriebe Stellen nicht nachbesetzen können, wenn jemand in den Ruhestand geht“, erklärt Marzian. Ohne Ausländer wäre die Situation noch dramatischer. Marzian: „Die Zahl der beschäftigten Deutschen ist um 1000 zurückgegangen. Wenn nicht dafür 500 Ausländer eine Beschäftigung gefunden hätten, wären die Arbeitsplatzverluste deutlich stärker ausgefallen.“
10,7 Prozent der Beschäftigten kommen aus dem Ausland, das sind 6842. Die meisten kommen aus Polen (1324). Ein weiterer großer Teil kommt aus den Flüchtlingsländern Ukraine (532), Syrien (424) und Afghanistan (240). Dass Deutschland dabei übrigens nur Facharbeiter braucht, ist eine Mär. Marzian: „Gerade unser Arbeitsmarkt in Ostholstein mit Anforderungen in der Hotellerie, im Handel, im Reinigungsgewerbe oder Garten- und Landschaftsbau braucht Hilfskräfte, die einfachere Tätigkeiten ausüben.“