Liane ist in der DDR aufgewachsen, hat dort Fleischerin gelernt und viele Jahre in ihrem Beruf gearbeitet. Heute kriegt sie etwa 900 Euro Rente. „Aber 545 Euro gehen schon für die Miete drauf“, sagt sie. Sie komme zwar mit ihrem Geld aus, das habe ihre Generation schließlich noch gelernt, aber: „Wenn die günstigen Mahlzeiten im Café Salut wegfallen, dann habe ich ein Problem – und die Gemeinschaft hier werde ich auch vermissen. Es ist wie ein Zuhause.“
Doch die Chancen, dass das Café Salut erhalten bleibt, stehen nicht gut. „Das Mittagessen können wir schon nicht mehr anbieten, bis Ende des Jahres gibt es nur noch Frühstück bei uns“, sagt Rosemarie Scharf, Chefin der Lübecker Heilsarmee. „Danach versuchen wir irgendwie, die Räume aufrecht zu halten. Aber ob wir das schaffen, weiß ich noch nicht.“
Die Miete von rund 1300 Euro sei nicht das Problem, aber die Personalkosten liegen bei rund 120.000 Euro im Jahr – und dieses Geld fehlt auf einmal. Der Grund: „Die Heilsarmee Deutschland hat es die letzten zwei Jahre bezahlt, aber das geht nicht mehr. Es ist ja nicht so, dass man dort im Geld schwimmt´“, sagt Scharf.Scharf hat 2021 die Leitung der Heilsarmee in Lübeck übernommen. Vorher soll das Café Salut über das Männerwohnheim der Heilsarmee in der Engelsgrube mitfinanziert worden sein – mit Geldern der Hansestadt. „Beim Leitungswechsel wurde aber klar formuliert, dass die Hansestadt die Personalkosten nicht tragen will“, sagt Scharf. Deswegen sei die Heilsarmee Deutschland eingesprungen.
In der Lübecker Bürgerschaft haben CDU, FDP und die Grünen die Verwaltung bereits im Februar aufgefordert zu prüfen, inwiefern das Café Salut finanziell unterstützt werden kann.
„Das Café Salut ist für viele Menschen eine wichtige Anlaufstelle, besonders in heutigen Zeiten. Es wäre jammerschade, wenn es schließen müsste“, sagt CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Michelle Akyurt, die aber auch darauf verweist, dass es auch bei der Hansestadt momentan keine „rosigen Zeiten“ gebe.
„Ob im Haushalt 2025 überhaupt Mittel zur Verfügung stehen, ist nicht klar. Letztendlich wird sich wohl auch die Heilsarmee an der Finanzierung beteiligen müssen“, sagt Akyurt.
Die angespannte finanzielle Lage ist auch Mandy Siegenbrink, Co-Fraktionsvorsitzende der Lübecker Grünen, bewusst. „Allerdings dürfen wir mit dem Sparen nicht bei den Schwächsten unserer Gesellschaft anfangen“, sagt Siegenbrink. „Wir haben hier nun circa 70 bedürftige Menschen, die tagtäglich im Café Salut versorgt werden und ab 2025 dann sprichwörtlich vor der Tür stehen.“
Die Prüfung der Verwaltung, ob für das Café Salut Gelder lockergemacht werden können, ist nach Angaben von Sozialsenatorin Pia Steinrücke abgeschlossen. Der Sozialausschuss, in den auch Rosemarie Scharf eingeladen wird, soll im September darüber informiert werden.
Klar ist: „Das Budget für freiwillige Leistungen der Hansestadt Lübeck ist bereits durch andere Projekte ausgereizt“, sagt Steinrücke. „Der Ausschuss, und in der Folge die Bürgerschaft, hätte dann noch die Möglichkeit, für den Haushalt 2025 zu beschließen, dass das Café Salut doch bezuschusst werden soll. Hierbei wird aber zu beachten sein, dass die Haushaltslage angespannt ist.“
Außerdem habe die Hansestadt das Café Salut in diesem Jahr bereits mit rund 40.000 Euro unterstützt und es gebe „im Einzugsgebiet der Lübecker Innenstadt eine Vielzahl an anderen Angeboten für eine ähnliche Klientel“, auch mit barrierefreiem Zugang wie etwa bei der Begegnungsstätte der Awo oder Angebote der Caritas sowie der Lübecker Frauen- und Sozialverbände.
Rosemarie Scharf bestreitet das. Die Awo-Begegnungsstätte sei nur für Suchtkranke, nicht etwa für Rentner, und einen barrierefreien Zugang gebe es sonst nirgendwo. Zudem findet es die 62-Jährige schade, dass „die Sozialsenatorin nie persönlich mit mir gesprochen hat“.
Liane überlegt derweil schon, wo sie sonst günstig etwas zu essen bekommt. „Das ist nicht so einfach, ich bin auf einen Gehwagen angewiesen. Deswegen ist es hier ja auch so schön, weil es keine Treppen gibt“, sagt sie. „Wir müssten mal alle geschlossen zum Bürgermeister gehen und ihm sagen, dass wir das Café Salut brauchen. Wo sollen wir Arme denn hin?“