Volle Unterstützung kommt von SPD und Freien Wählern. „Die Forderung, bereits bis zum Jahr 2035 Klimaneutralität für die Hansestadt zu erreichen, ist ein zentrales Thema unseres aktuellen Bürgerschaftsprogramms“, sagt Fraktionschef Peter Petereit. Die Fraktion werde einen Antrag in die Bürgerschaft einbringen, der die Umsetzung der im Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen in unveränderter Form vorsehe, sagt Petereit. Die Grünen unterstützen die Initiative und wollen eine Mehrheit in der Bürgerschaft dafür organisieren. Fraktionschef Axel Flasbarth fordert konkrete Schritte ein: „Es darf nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben.“
„Aus vollem Herzen“ unterstütze die Fraktion Linke & GAL die Initiative, erklärt Fraktionschef Andreas Müller. Auch die Unabhängige Volt-Partei ist dabei: „Wir übernehmen die Zielsetzung, 2035 in den städtischen Masterplan zu integrieren“, sagt Fraktionschef Detlev Stolzenberg. Ob dieses ambitionierte Ziel tatsächlich erreichbar sei, sei eine andere Frage.
Aus Sicht von CDU und FDP ist das die entscheidende Frage. „Wir finden die Initiative gut“, sagt CDU-Fraktionschef Christopher Lötsch, „aber Klimaneutralität im Jahr 2035 wird faktisch nicht funktionieren.“ Allein der Ausbau der Fernwärme werde mehr Zeit beanspruchen. Die Liberalen werden nicht zustimmen. „2035 ist nicht zu schaffen“, sagt Fraktionschef Thorsten Fürter, „dafür ist die Stadt nicht richtig aufgestellt.“ Einfach eine Jahreszahl zu ändern, sei zu wenig, kritisiert Fürter die Initiative.
Klare Ablehnung kommt von der AfD. „Wir sind gegen den Inhalt dieses Bürgerentscheids“, erklärt Fraktionschef Dirk Groß. Die AfD hat Zweifel am menschengemachten Klimawandel und hält den Beitrag Lübecks zur Lösung für minimal. Die Kosten, die Lübeck durch die Anstrengungen entstehen, klimaneutral zu werden, wären an anderer Stelle deutlich besser eingesetzt. „Wir müssen dringend Wohnraum in Lübeck schaffen und den zwingend notwendigen Ausbau unserer Schulen vorantreiben“, nennt Dirk Groß zwei Beispiele.
Umweltsenator Ludger Hinsen (CDU), der den Masterplan mit seinen Fachleuten umsetzen muss, verweist auf die eingeschränkten Möglichkeiten der Stadt: „Bis 2035 wird sicher eine Menge erreicht sein können. Allerdings hängt dies auch von Umständen ab, die wir in Lübeck nur begrenzt beeinflussen können.“
So könne Lübeck durch den Ausbau von Radwegen und öffentlicher Lade-Infrastruktur einen signifikanten Beitrag zur Verkehrswende leisten. „Ob dieser Weg tatsächlich gegangen wird, hängt von der Verfügbarkeit preiswerter, leistungsfähiger und in der Herstellung deutlich optimierter Elektroautos ab“, sagt Hinsen – und das habe Lübeck nicht in der Hand.
Der Umweltsenator hält auch die Umsetzung der Wärmewende bis 2035 „für mindestens extrem ambitioniert“. Ziele, die die Gesellschaft überfordern, würden die „im Grundsatz immer noch vorhandene gesellschaftliche Akzeptanz für den Schutz unseres Klimas“ gefährden.
Die Initiative „Klimaentscheid Lübeck“ hatte seit Februar 11 584 Unterschriften gesammelt. Die Stadtverwaltung hat diese überprüft. Das Quorum für einen Bürgerentscheid wurde problemlos erfüllt. Die Bürgerschaft kann nun das Ansinnen der Initiative übernehmen und Klimaneutralität für 2035 beschließen. Wenn sie das nicht tut, kommt es zu einem Bürgerentscheid. Die Lübeckerinnen und Lübecker würden dann an die Wahlurnen gerufen.