Auch Daten aus dem letzten Zensus berücksichtigt
Generell nutze sein Institut, sagt Matthias Günther, ein eigenes Modell zur Ermittlung der Wohnungsmarktsituation. Man berücksichtige dafür auch die Daten aus dem letzten Zensus 2022, nehme diese als Grundlage für eine Fortschreibung und gleiche die Zahlen natürlich mit verfügbaren, aktuelleren ab.
Zensus-Daten werden in der Regel nur alle zehn Jahre erhoben. Relevant sind für das Pestel-Institut unter anderem auch jährliche Bevölkerungsstatistiken, etwa die Zu- und Fortzüge, und die bereits erwähnten, monatlich ausgewiesenen Baugenehmigungen.
Gemäß Zensus wurden in Ostholstein zum Zeitpunkt der Erhebung im Mai 2022 rund 123.000 Wohnungen gezählt. 4243 von ihnen standen leer. Gegeneinander gerechnet ergibt sich daraus eine sogenannte Leerstandsquote von 3,65 Prozent. Nur in Nordfriesland war der Wert in Schleswig-Holstein damals noch höher. Mit diesen Daten wurde weitergerechnet.
Allerdings passen die Zahlen aus dem Zensus nicht zu aktuelleren, die Statistik Nord auf LN-Anfrage liefert: Gemäß deren Rechnungen gab es 2022 in Ostholstein 119.050 Wohnungen, 2024 waren es 121.080. Für das Jahr 2022 ergibt sich aus den Zahlen des Zensus und von Statistik Nord also ein Unterschied von fast 4000 Einheiten. Ein Rechenfehler? Die Behörde findet die Differenz zunächst „ungewöhnlich“. Eine Prüfung ergibt dann: Beim Zensus wurden alle „privat genutzten Ferien- und Freizeitwohnungen“ mit berücksichtigt, bei der Fortschreibung aber nur jene, die größer sind als 50 Quadratmeter.
„In unserem Modell berechnen wir diese Wohnungen nicht mit ein. An unserem Befund ändert sich somit nichts“, sagt Ökonom Günther: Der Kreis Ostholstein habe ein klares Wohnungsdefizit.
Kreisverwaltung veranstaltete Wohnraumkonferenz
Die Kreisverwaltung in Eutin erhebt wiederum keine Daten über Leerstände oder fehlenden Wohnraum, korrigiert aber eine andere Zahl – und zwar nach unten: Bis Juni seien erst „148 Genehmigungen für Wohnbauvorhaben“ erteilt worden, sagt Sprecherin Annika Sommerfeld. Dies beinhalte auch Einzelzustimmungen für größere Projekte mit mehreren Einheiten. Besser könnten die Gemeinden selbst Auskunft geben, sagt Sommerfeld. Gemeinsam habe man aber in diesem und im vergangenen Jahr eine „Wohnraumkonferenz“ veranstaltet, Thema und Bedarf seien adressiert.Nachfrage beim größten kommunalen Experten der Region, der Wohnungsbaugesellschaft Ostholstein, kurz Wobau OH. Das Unternehmen verwaltet rund 2000 Einheiten. An ihm sind der Kreis und die Sparkasse Holstein beteiligt, ebenso die 27 Gemeinden zwischen Fehmarn und Bad Schwartau. Interessenten können sich in eine Kartei eintragen lassen. Dass der Bedarf in Ostholstein mitunter größer als das Angebot sein kann, beobachtet man auch bei der Wobau OH. „Es fehlen teilweise Wohneinheiten an der richtigen, benötigten Stelle“, sagt Prokurist Manu Marten.
Das aktuell größte Neubauprojekt „Zum Lilienberg 11-13“ umfasst 32 Wohnungen in Pansdorf. Anfang November wurde dafür der Grundstein gelegt. Rund 10 Millionen Euro wird das kosten. Zwar sei die Nachfrage an der Küste größer als im Hinterland, aber auch für Projekte wie dieses gelte: „Wir können in der Regel nach der Fertigstellung doppelt und dreifach vermieten“, sagt Marten.Vorhaben wie dieses stoße die Wobau OH in der Regel alle zwei Jahre an, im Schnitt entstehen pro Jahr 20 neue Wohnungen. Welche Herausforderungen waren zuletzt die größten? „Der Wegfall des Bundesprogramms KfW 55 im Jahr 2022 mit hohen Baukostenzuschüssen war sehr bedauerlich“, sagt Marten. Die aktuellen Vorgaben für sozialen Wohnungsbau seien solide, aber gerade im Hinblick auf Klimaziele und Barrierefreiheit gebe es noch „Luft nach oben“.
So werden etwa begrünte Dächer oder Aufzugsanlagen nicht bezuschusst. Das nötige Eigenkapital sei für Neubauten oder Sanierungen bei steigenden Kosten eben nicht immer direkt verfügbar, berichtet Manu Marten. Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat man das offenbar erkannt: Mitte Dezember wird ein ähnliches Programm wieder aufgelegt.