Hier bekommenBücher ein zweites Leben
In Ostholstein gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Lesestoff sinnvoll zu recyceln.

Regionalleiterin Iris Wolter, Chris Lutze, Peter Schwochow sowie Tanja Bielefeld (v.l.) kennen im Secondhandladen Bücherwurm jedes Exemplar. Foto: Maike Wegner
Ostholstein. Tausende Bücher sind in den Regalen verstaut, fein säuberlich sortiert nach Genres und Autoren. Auf jedem Einband klebt ein Punkt, der signalisiert: Dieses Exemplar gehört zum Bücherwurm. Vier solcher Secondhandläden für Bücher gibt es in Ostholstein. Sie gehören zu den jeweiligen Tagesstätten der Brücke Lübeck und Ostholstein und werden von Menschen mit seelischer Beeinträchtigung betreut.

Auf den ersten Blick geht es um Bücher, die gespendet und dann weiterverkauft werden. Doch auf den zweiten Blick geht es um viel mehr. „Hier kann ich Verantwortung übernehmen“, erzählt Chris Lutze, „das ist gut fürs Selbstvertrauen“. Auch Tanja Bielefeld und Peter Schwochow hilft die Arbeit und der damit verbundene Kundenkontakt im Alltag.

Dazu kommt, dass alle drei gerne lesen. „Besonders Krimis“, sagt Bielefeld und klopft begeistert auf das entsprechende Regal. Die drei Mitarbeiter des Bücherwurms besuchen die Tagesstätte der Brücke und arbeiten seit Jahren am Eutiner Standort. Sie sortieren die Bücher ein, beraten, kassieren und lernen so Verantwortung zu tragen.

Der Laden lebt, ebenso wie die Filialen in Bad Schwartau, Neustadt und Heiligenhafen, von Spenden. Immer wieder werden körbeweise Bücher gebracht. „Etwa die Hälfte können wir in den Verkauf geben“, erzählt Regionalleiterin Iris Wolter. Die nicht für den Verkauf geeignete Hälfte wird genutzt, um damit in der Tagesstätte zu basteln. Aus alten Werken sind so bereits Mobiles fürs Fenster des Bücherwurms entstanden. Die Seiten alter Atlanten wurden zu Briefumschlägen verarbeitet, die jetzt im Laden und auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Hof Ottenbrücke verkauft werden.

Der Bücherwurm hat längst seine Stammkundschaft, auch Urlauber kommen Jahr für Jahr wieder. Andere stöbern wöchentlich, denn das Sortiment ändert sich ständig. Was nicht mehr gut läuft, sind Kochbücher, DVDs und Musik-CDs. Regionale Krimis, Thriller, historische Romane oder Kinderbücher sind dagegen ein Dauerbrenner. Einige Kunden kaufen sogar online, denn der Bücherwurm ist auch auf dem Internetmarktplatz Booklooker vertreten.

Wer selber Bücher spenden möchte, kann das jederzeit tun. Bei größeren Mengen wünscht sich das Team aber im Vorfeld einen Anruf, um die Annahme besser planen zu können. Wer nur ein paar Bücher abgeben möchte, hat noch weitere Möglichkeiten. Wie an vielen Orten im Kreis steht auch auf dem Eutiner Markt ein Bücherschrank. Das Prinzip: Es dürfen Bücher hineingestellt, aber natürlich auch mitgenommen werden.

Das Fazit nach über eineinhalb Jahren fällt positiv aus: „Er wird sehr gut angenommen und die Rückmeldungen, die uns erreichen, sind positiv“, sagt Michael Keller, Geschäftsführer der Tourismus GmbH, die den Schrank betreut. Der Inhalt wechsele oft und werde regelmäßig kontrolliert. „Wir entfernen gelegentlich stark beschädigte Exemplare oder andere Gegenstände. Aber das ist eher die Ausnahme“, sagt Keller. In Sereetz sortiert ein ehrenamtliches Team ebenfalls regelmäßig den Bestand. Auch, damit die Bücherbox nicht überquillt. Aussortiert wird Literatur, die vor 1990 gedruckt wurde. Ebenso solche, die Verherrlichungen von Gewalt, Sexismus oder Terrorismus enthält. „Und alles, was nicht in deutscher Sprache ist, entfernen wir“, sagt Dorfvorsteherin Renate Harders. „Weil wir einfach nicht überprüfen können, was drin steht.“

Wer sein Buch direkt entsorgen möchte, kann das natürlich über die Altpapiertonne tun. Aber Obacht: „Leder- oder Kunststoffeinbände, folierte Umschläge sowie verschmutzte oder feuchte Bücher gehören nicht ins Altpapier“, sagt Katharina Mangelsen, Sprecherin des Zweckverbandes. Auch auf den drei Recyclinghöfen im Kreis kann der Lesestoff entsorgt werden. und mwe
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