Als Muus-Seyfferth las, dass die Nagetiere als Delikatesse gelten, fragte sie bei den Jägern aus den umliegenden Revieren an, ob sie ihr nicht auch einmal eine Nutria mitbringen könnten. „Ich dachte, ich probiere das mal aus“, sagt sie. In ihrer Küche sind inzwischen auch Burger-Patties und ein Ragout von der Nutria fertig. „Es ist ein kurzfaseriges Fleisch und sehr fettarm“, sagt die 59-Jährige. „Geschmacklich ist es eine Mischung aus Fasan, Perlhuhn und Wachtel.“
„Nutrias sind keine Ratten“
Auch Georg Deutz hat Nutria schon mal probiert. „Es schmeckt ganz gut“, berichtet der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Eutin. „Das Fleisch ist sehr zart.“ Die Neuheit auf dem Teller ist nicht jedem geheuer.Denn Nutrias gehören zur Familie der Biberratten.Der Gedanke, eine Rattenart zu essen, widerstrebt vielen.Doch Muus-Seyfferth beruhigt. „Die Nutrias sind keine Ratten. Sie sind reine Pflanzenfresser“, erklärt die Catering-Chefin, und auch Deutz sagt: „Nutrias kann man unbedenklich essen.“Jäger Julian Barg aus Klein Parin reagierte zunächst zögerlich auf die Anfrage der Catering-Chefin. Doch schnell erkannte er die Win-win-Situation. Denn Nutrias werden immer mehr zur Plage. „In den vergangenen drei Jahren hatten wir einen Zuwachs um circa 500 Prozent“, erklärt Barg. Drei bis fünfMal im Jahr können Nutrias Nachwuchs bekommen, pro Wurf sind es durchschnittlich vier bis sechs Jungtiere. „Das macht eine Vermehrungsrate um 800 Prozent“, sagt Barg, der stellvertretender Hegeringleiter von Bad Schwartau ist. Natürliche Feinde gibt es nicht. Allein in den Revieren in Klein Parin und Umgebung werden jährlich etwa 100 Nager erlegt. Auch Jägerkollege Georg Deutz weiß um die explosive Vermehrung.Tiere vermehrenIn Ostholstein finden sie perfekte Bedingungen. Nutrias kämen vor allem in feuchten Gebieten vor, erzählt Deutz vom bevorzugten Lebensraum der Tiere. „Sie sind überall da, wo es kleine Tümpel oder Bäche gibt.“
Die eigentlich aus Südamerika stammenden und hier aus Pelzfarmen entkommenen invasiven Nutrias schaden der Natur, zerstören Uferkanten und den Lebensraum heimischer Tiere. „Sie fressen Schilfgürtel ab und nehmen damit zum Beispiel Enten die Brutplätze und Amphibien wie Fröschen ihren Lebensraum“, erklärt Barg.
Es sei also eine zwingende Notwendigkeit, die Nutrias zu bekämpfen. Für den 33-Jährigen macht die Jagd nun noch mehr Sinn, weil einerseits die Art bekämpft, aber anderseits das Fleisch genutzt wird.Sobald eine Nutria gefangen wurde, wird Muus-Seyfferth informiert, die aus dem Fleisch Gerichte zubereitet.Die Nachfrage nach den fünf bis neun Kilogramm schweren Nutrias ist groß. „Wir haben die Kundschaft dafür“, sagt die Gastronomin, die seit 24 Jahren ihre Firma führt und „immer offen für Neues“ sei. Sie glaubt, dass die Delikatesse künftig verstärkt auf den Speisekarten der Gastronomie-Betriebe zu finden sein wird. „Es wird mehr Angebote geben“, sagt sie. Für die 59-Jährige sind die Nutrias eine echte Entdeckung, sie wird sich weitere Rezepte aneignen und ihren Kunden anbieten. „Es ist ein tolles Fleisch“, sagt sie und rührt das Nutria-Ragout um.