Bürgerentscheid in Stockelsdorf abgelehnt: Empörte Windkraftgegner drohen mit Klage
Kommunalaufsicht räumt der Initiative noch eine Stellungnahme ein – Vorwurf der Täuschung im Streit um wichtige Vogelfluglinien

Klaus-Olaf Zehle von der Bürgerinitiative Horizont will den Bürgerentscheid durchsetzen, notfalls auch vor Gericht.Foto: Sebastian Prey
Stockelsdorf. Die Windkraftgegner des Vereins Horizont Stockelsdorf sind fassungslos. Monatelang hat die Initiative Unterschriften gesammelt für ihr großes Ziel: ein Bürgerbegehren gegen die Planung von weiteren Windkraftanlagen auf den Dörfern der Gemeinde Stockelsdorf. Doch die Kommunalaufsicht hat den Antrag auf einen Entscheid erst einmal abgelehnt. Sie gibt den Initiatoren aber die Chance einer Stellungnahme.

„Die Kommunalaufsicht beabsichtigt, den Entscheid abzulehnen. Darüber sind wir sehr verärgert und sehr empört“, sagt Horizont-Gründer Klaus-Olaf Zehle. Er setzt nun voll auf die eingeräumte Anhörung.

2200 Unterschriften
gesammelt

Die Euphorie war groß, als die Mitglieder des Vereins im Mai alle Unterlagen und zwei dicke Ordner mit mehr als 2200 gesammelten Unterschriften bei Stockelsdorfs Ordnungsamtsleiter Stefan Köhler abgaben. Zeitgleich mit Prüfung der Unterschriften auf die formelle Richtigkeit durch die Verwaltung untersuchte die Kommunalaufsicht in der Kreisverwaltung in Eutin das Bürgerbegehren auf die rechtliche formale Zulässigkeit.

Und nach Ansicht der Kommunalaufsicht ist der Bürgerentscheid nicht zulässig. Der Grund: Die vom Verein unter Punkt 6 genannte Begründung „das geplante Windenergiegebiet liegt auf wichtigen Routen von Zugvögeln und wird von diesen regelmäßig durchflogen. Windkraftanlagen gefährden diese und andere seltene Vogelarten“ sei nicht haltbar. Das Landesamt für Umweltschutz bestätigt die Ansicht des Kreises und sagt, dass die sogenannten Hauptachsen nicht über Stockelsdorf führen. Die Kommunalaufsicht wirft Horizont sogar Täuschung vor. So heißt es: „Sofern davon auszugehen ist, dass ‚wichtige Routen von Zugvögeln‘ den ‚Hauptachsen des Vogelzuges‘ (siehe die Bewertung des Landesamtes für Umweltschutz) gleichzusetzen sind, ist die Aussage in der Begründung als fehlerhaft anzusehen und ist vor diesem Hintergrund geeignet, die Bürgerinnen und Bürger im Hinblick auf eine Gefährdung von Vögeln zu täuschen. Während das Bürgerbegehren von einer klaren Gefährdung spricht, erwartet das Landesamt für Umweltschutz keinen artenschutzrechtlichen Konflikt.“

„Natürlich verlaufen zwei wichtige Vogelflugrouten über die Gemeinde Stockelsdorf, die sich sehr wohl sogar genau über Stockelsdorf kreuzen“, erklärt Zehle. Der Verein hat mit einem Anwaltsschreiben und einer fachlichen Stellungnahme auf die angekündigte Absage der Kommunalaufsicht reagiert. Vor allem geht es in der Diskussion um die Bewertung der Vogelfluglinien. Während sich Horizont auf die zwei wichtigen Vogelfluglinien über Gemeindegebiet bezieht, hält die Kommunalaufsicht die vom Landesamt für Umweltschutz beschriebenen Hauptachsen an der Küste für relevant. „Es ist eine spannende Entscheidung, ob nur die Hauptachsen wichtige Flugrouten sind. Es steht Meinung gegen Meinung“, erklärt Zehle.

Auslöser der ganzen Auseinandersetzung zwischen Windkraftgegnern und Gemeinde gab ein Beschluss der Gemeindevertretung, die sich dafür ausgesprochen hatte, von der sogenannten Gemeindeöffnungsklausel Gebrauch zu machen.

Diese erlaubt es vorübergehend ausschließlich Kommunen, Windenergie-Flächen auszuweisen. So dürfen Kommunen zeitlich begrenzt bis Ende 2027 auch außerhalb der vom Land vorgegebenen Vorranggebiete Windkraftanlagen planen. Die Windenergie-Pläne der Gemeinde gehen Zehle und seinen Mitstreitern zu weit. Er hofft, dass die Kommunalaufsicht noch einmal einlenkt und den Bürgerentscheid abnickt. Falls das endgültige Nein kommt, wird der Verein weiter kämpfen. „Dann gehen wir vor Gericht“, kündigt Zehle an. SEP
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