Antwort: Zwischen vertikalen Gärten und leisen E-Fahrzeugen steht eine kleine Bäckerei mit warmem Licht. Ein humanoider Roboter hinter der Theke begrüßt dich freundlich, aber ein echter Mensch steht daneben und hilft älteren Kunden mit der Auswahl. Hinter den Kulissen knetet kein Bäcker mehr um 3 Uhr morgens den Teig – das übernehmen präzise Maschinen, die mit Algorithmen aus Geschmacksvorlieben, Wetter und Tageszeit den perfekten Teig berechnen. Die Technik ist da, aber das Zwischenmenschliche bleibt.
Frage an Gerd Hofrichter: Passt das? Der Sprecher der Bäckerei Junge aus Lübeck lacht. Tatsächlich, ja, dem kann er zustimmen. Wobei: „50 Jahre müssen wir da gar nicht warten.“
Roboter und Künstliche Intelligenz: Das sind nicht nur Zukunftsthemen, sondern ist bereits Realität bei Junge. Pläne zum Ausbau der Technik gibt es aber immer. Unter anderem deshalb hat das Familienunternehmen 74,9 Prozent ihrer Anteile an eine Investmentgesellschaft verkauft. Das gewonnene Kapital wird nicht nur in die jährlich zehn bis 15 geplanten Neueröffnungen gesteckt. Es soll auch dazu dienen, um in dem umkämpften Markt überhaupt bestehen zu können.
KI spielt dabei eine große Rolle. In Zukunft und schon jetzt. Eine KI berechnet nämlich, wann welches Gebäck in welchen Mengen wahrscheinlich benötigt wird – und zwar anhand des Wochentags, des Wetters oder auch anhand von Veranstaltungen. Ein Beispiel? „In der Filiale in Hamburg nahe dem Stadion gehen an Spieltagen Laugenbrezeln besonders gut“, sagt Hofrichter. „Früher wurde das Wetter in der Zeitung nachgeschaut, heute geht es so. Das ist nicht nur wichtig für die Wirtschaftlichkeit, sondern auch für die Nachhaltigkeit.“
Doch da ist noch mehr: Die Musik, die in den Junge-Filialen läuft, hat ebenfalls eine KI erstellt. „Früher wollte man mit Radiomusik das Geschirrgeklapper übertönen. Der Nachteil: die sehr, sehr hohen Gema-Gebühren.“ Ein Musikproduzent sorgte dann dafür, dass eine KI für Hofrichter genau die für die Bäckerei passende Musik schuf: um die Geräuschkulisse zu minimieren, ohne zu aufdringlich zu sein. „Die Filialen sind ja richtige Treffpunkte, zum Reden und Verweilen, für junge Familien oder Kollegen in der Mittagspause.“
Roboter könnten Bedienung am Tisch übernehmen
Dass die Kunden am Tisch von Robotern bedient werden, ist zwar aktuell noch nicht üblich. Erste Versuche gab es aber. „Wir haben Tischroboter getestet, auf die man das Geschirr abstellen kann.“ Ganz zufrieden war man damit nicht – allein aufgrund des hohen Durchlaufverkehrs. Doch verworfen wurde die Idee auch nicht.Der Bestellvorgang an sich ist ja bereits länger digital möglich. Vor Ort zum Beispiel in der Filiale an der A1-Abfahrt in Reinfeld, in dem Displays stehen. Aber auch über die Internetseite. Noch benötigt das System Vorlaufzeit bis zum nächsten Tag. Vermutlich ab dem kommenden Jahr soll es möglich sein, dass die Waren nach etwa 30 Minuten abholbereit sind.
„Die Arbeit in der Bäckerei verändert sich. Durch Technik können wir vieles vereinfachen, sodass der Jobeinstieg viel schneller und einfacher funktioniert – Stichwort Fachkräftemangel“, sagt Hofrichter. Und immer wieder spielt auch Nachhaltigkeit eine Rolle.
Dafür will Junge in Zukunft E-Autos für Lieferungen einsetzen. Aber: Der Mensch verschwindet nicht. So sollen die Mitarbeiter künftig so aufgeteilt werden, dass sich ein Team verstärkt um die Online-Bestellungen und ein Team um die Kunden vor Ort kümmert. Die KI hat also recht, findet Hofrichter: Die Technik ist da, das Zwischenmenschliche bleibt.