Nun kommt ein weiterer Leitungsbau hinzu. Die Schleswig-Holstein Netz AG (SH Netz) plant, einen Ersatzneubau der 110-kV-Leitung vom Umspannwerk bei Pohnsdorf nach Brachenfeld bei Neumünster zu errichten. Die neue Leitung hat eine Gesamtlänge von circa 48 Kilometern.
Das Investitionsvolumen beträgt etwa 90 Millionen Euro. Die Fertigstellung ist für 2029 vorgesehen.
Der Unmut über die Planung hält sich vonseiten der Gemeinde Stockelsdorf in Grenzen. „Wir können gegen dieses Vorhaben ohnehin nicht viel machen“, sagt Bürgermeisterin Julia Samtleben (SPD). Zumal der Eingriff überschaubar ist. So wird die neue Leitung in Stockelsdorf direkt auf der Trasse der 220-kV-Leitung der Tennet errichtet, die im Zuge des Neubaus der 380-kV-Leitung zurückgebaut wird. Neue Beeinträchtigungen sind daher nicht zu erwarten.
Aktuell verläuft die 110-kV-Trasse vom derzeitigen Umspannwerk Lübeck-West am Kernort Stockelsdorf vorbei, anschließend über das Umspannwerk Lübeck-Niendorf und von dort weiter nach Neumünster. Der Ersatzneubau soll künftig vom neuen Umspannwerk parallel zum 1. Bauabschnitt der 380-kV-Ostküstenleitung in östlicher Richtung verlaufen und außerhalb des Stockelsdorfer Gemeindegebietes auf Höhe von Langniendorf Richtung Neumünster abknicken.
Der Bedarf für die neue Leitung ergibt sich laut SH Netz aus dem „rasanten Anstieg“ an erneuerbaren Energien und altersbedingten Faktoren. Einige Masten der alten Leitung stammen aus dem Jahr 1941. Die neu gebaute Leitung wird eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit erhalten. Um die Versorgungssicherheit auch in der Bauphase gewährleisten zu können, werden zwischenzeitlich Provisorien errichtet, die anschließend wieder demontiert werden.
„Diese neue Leitung dürfte unser kleinstes Problem sein“, sagt Bürgermeisterin Samtleben, die ein großes Gesamtkonzept vermisst. „Man hat das Gefühl, dass jederzeit und überall noch eine Leitung, eine Erweiterung des Umspannwerks oder der Bau eines weiteren kleinen Umspannwerks hinzukommen kann. Es fehlt an Absprachen bei den Planungen.“
Kritik kommt auch vomVerein Horizont, der ein Bürgerentscheid gegen weitere Windkraftanlagen auf Stockelsdorfer Gebiet anstrebt. Der Verein nimmt den Bau der Ersatzleitung zum Anlass, auf die bereits bestehende Belastung Stockelsdorfs hinzuweisen: Es würden Dutzende von Masten für die Ostküstenleitung und Elbe-Lübeck-Leitung errichtet. Es gebe bereits einen Windpark mit 20 Anlagen, der zum Teil durch 100 Meter höhere Windkraftanlagen ersetzt werden solle.Weitere Windkraftvorhaben befänden sich im Genehmigungsverfahren und mit dem Bau des neuen großen Umspannwerks würden zudem vier große Batteriespeicheranlagen geplant.
„Nun erfolgt der Bau einer neuen 110-kV-Leitung, und nicht, wie versprochen, der Rückbau der 220-kV-Leitung“, sagt Vereinssprecher Klaus-Olaf Zehle. „Stockelsdorf leistet bereits heute einen beachtlichen und vor allem ausreichenden Beitrag zur Energiewende.“
Wegen dieser Belastung sieht Zehle gute Chancen bei einem möglichen Bürgerentscheid. Ob dieser kommt, steht noch nicht fest.Die Prüfung bei der Kommunalaufsicht läuft noch. Aktuell liegt sie beim Innenministerium in Kiel. Mit einer zeitnahen Entscheidung wird gerechnet.Einen ersten möglichen Termin für einen Bürgerentscheid hat die Gemeindevertretung bereits festgelegt: Sonntag, 12. Oktober.