Bahntrasse durch Bad Schwartau: Anwalt wirft Bahn Planungsfehler vor
Experte spricht von „etlichen rechtlichen Defiziten“ – Bürger können bis 16. Juni Einwendungen einreichen.

Politik, Verwaltung und Bürgerinitiative kämpfen gegen die Pläne der Bahn. Die Stadt möchte möglichst viele Bürger mobilisieren, Einwendungen einzureichen.Foto: Sebastian Prey
Bad Schwartau. Der Unmut über die Pläne der Deutschen Bahn ist in Bad Schwartau riesengroß. Kein Wunder, die Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Natur und Umwelt durch den Bau der Schienenhinterlandanbindung sind massiv. Viel Wald geht verloren (rund elf Hektar), Lärm- und Erschütterungen werden durch den stark wachsenden Personen- und Güterverkehr (rund 300 Fahrten) mitten durch die Stadt stark zunehmen. Entsprechend rüsten parteiübergreifend Politik, Verwaltung und Einwohner weiter kräftig auf, um gegen die Pläne vorzugehen.In der jüngsten Sondersitzung des Ausschusses für Stadtplanung und Bauwesen drehte sich alles um das Thema Hinterlandanbindung. Mehr als 80 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um den Ausführungen von Rechtsanwalt Olaf Bischopink zu folgen. Der Jurist aus der Kanzlei Baumeister in Münster hat im Auftrag der Stadt Bad Schwartau eine 24 Seiten starke Stellungnahme zum Planungsabschnitt 1.2 (Gemeinde Ratekau) verfasst.Für diesen Abschnitt läuft derzeit das Planfeststellungsverfahren.„Es ist eine ungewöhnliche Situation, weil dieser Abschnitt Bad Schwartau nicht direkt tangiert, aber die Auswirkungen sind immens“, erklärte Bischopink. Deshalb können auch Bad Schwartauer jetzt Einwendungen einreichen.

Der Fachanwalt für Verwaltungsrecht ist überzeugt davon, dass das Vorgehen der Bahn etliche rechtliche Defizite hat. Insbesondere sei die Abschnittsbildung problematisch. So wurde die Strecke von Lübeck nach Puttgarden in zehn Planungsabschnitte aufgeteilt. Die Einteilung des gesamten Planungsabschnitts 1 in die Teilabschnitte 1.1 (Bad Schwartau) und 1.2 (Ratekau) entlang der Gemeindegrenze sei willkürlich und verhindere eine sachgerechte Bewertung der möglichen Trassenvarianten.

„Durch diese künstliche Trennung entsteht ein sogenannter ‚Zwangspunkt‘ für den angrenzenden Abschnitt 1.1, der die Planung und Entscheidungsfindung unzulässig einschränkt“, monierte Bischopink. „So eine fehlerhafte Abschnittsbildung kann zu einem fehlerhaften Planfeststellungsbeschluss führen.“

Diese Vorgehensweise der Bahn habe zur Folge, dass in Betracht kommende Alternativen – wie etwa die sogenannte X-Variante oder eine Führung parallel zur Autobahn – im Raum Bad Schwartau und Ratekau nicht ausreichend geprüft werden können. Die X-Variante sieht eine Umfahrung der Ortslage Bad Schwartau vor. Sie würde über die bestehende Strecke 1113 durch Lübeck-Dänischburg geführt und nördlich von Ratekau über eine Neubaustrecke wieder mit der Antragstrasse verbunden.

Diese Trassenführung würde wesentlich weniger bewohnte Gebiete beeinträchtigen. Von dieser Variante könnte zudem die Lübecker Hafenwirtschaft profitieren. Die derzeit geplante Antragstrasse führt dagegen unmittelbar durch Bad Schwartau und würde erhebliche Lärm- und Erschütterungsimmissionen mit sich bringen. Bischopink: „Auch der Umstand, dass die Stadt Bad Schwartau als Kur- und Heilbad anerkannt ist, wurde nicht berücksichtigt. Es kann nicht sein, weil die Bahn unter Zeitdruck steht, dass keine anderen Trassenvarianten mehr ausreichend geprüft werden.“

Ob dieser Defizite fordert die Stadt Bad Schwartau nun eine korrigierte Abschnittsbildung sowie einen offenen, unvoreingenommenen Variantenvergleich. Unter Applaus der Anwesenden wurde die Stellungnahme, die noch um „grüne Aspekte“ vom Umweltbeirat ergänzt wird, vom Fachausschuss einstimmig verabschiedet. Der Bauausschussvorsitzende Andreas Marks (CDU): „Ich bin mir sicher, dass die X-Variante noch nicht vom Tisch ist. Wir werden nicht locker lassen.“ Das bestätigte Bernhard Schmidt. Der Bahn-Experte im städtischen Bauamt kündigte weitere Gutachten an.

Rechtsanwalt Bischopink hat zudem eine Mustereinwendung, die auf der Homepage der Stadt Bad Schwartau hinterlegt ist, für betroffene Bürger aus Bad Schwartau vorbereitet. Seine Botschaft: Je mehr Einwendungen, desto besser. „Nur wer eine Einwendung abgibt, wird später auch zum nichtöffentlichen Anhörungsverfahren geladen“, erklärte Bischopink. Die Frist für die Einwendungen für den Planungsabschnitt 1.2 endet am 16. Juni. Vermutlich im August 2025 werden die Pläne für den Abschnitt 1.1 Bad Schwartau öffentlich ausgelegt. SEP
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