Markus Weinknecht ist Imker, nutzt auf dem Stiftsgut bei Stockelsdorf mehrere Räume für seine Honigschleudern, die Abfüllanlage und Material für die Bienenstöcke. „Ich bin seit fünf Jahren hier“, sagt der Betreiber der Imkerei „Regionale Biene“. Er sei einer der wenigen Demeter-zertifizierten Imker in der Region, für die besonders strenge Auflagen gelten. „Wenn es einen anderen Pächter geben sollte, habe ich ein Problem“, sagt der 39-Jährige, „ich finde nicht einfach einen neuen Demeter-Hof. Möglicherweise höre ich dann auf.“
Der Krumbecker Hof kämpft ums Überleben, hat eine Online-Petition gestartet, die fast 2000 Menschen unterschrieben haben. Pächter Gerhard Moser und sein als Nachfolger auserkorener Mitstreiter Leonard Güldenpfennig haben Ende April von der Stadtverwaltung erfahren, dass der Ende Juni 2026 auslaufende Pachtvertrag von 1991 nicht verlängert und der Hof ausgeschrieben wird.
Eigentümer ist die Stiftung Heiligen-Geist-Hospital, die Stadtverwaltung bereitet die Ausschreibung vor und die Bürgerschaft entscheidet über die Vergabe. Nach Angaben der Verwaltung muss die Neuvergabe ausgeschrieben werden. „Vor vier Jahren haben wir noch vereinbart, dass nicht ausgeschrieben wird“, erklärt Pächter Gerhard Moser. Auch früher sei darauf verzichtet worden, wenn ein Pächter einen Nachfolger vorschlägt und die Bürgerschaft dem zustimmt.
Warum die Verwaltung jetzt auf einer Ausschreibung besteht, wird aus der offiziellen Pressemitteilung nicht deutlich. Geht es um mehr Geld? Das vermuten die aktuellen Pächter. Und sie befürchten, dass die Hansestadt mit der Ausschreibung auch gleich den Ökolandbau auf dem Stiftungsgut beerdigt. „Das war bei anderen Stiftsgütern bereits der Fall und das hat uns aufgeschreckt“, sagt Gerhard Moser.
Die Folgen malt der Pächter in der Online-Petition aus. 30 Menschen der Hofgemeinschaft würden ihr Zuhause verlieren, der Kita auf dem Gelände müsste gekündigt werden, die 120 Familien, die sich am „Cow-Sharing“ beteiligen, müssten sich andere Fleischlieferanten suchen und rund 100 Freizeitreiterinnen müssten gehen.
Silke und Wolfgang Weidinger aus Lübeck erhalten für ihren halben Anteil an einer Kuh alle zwei Monate Fleisch. „Gulasch, Rinderbraten, Steak, Zunge und Hüftsteak“, zählen die Lübecker auf, „wir wollen vor allem eine artgerechte Tierhaltung unterstützen.“ Pferdehalter wie Doreen Seifert und Ulrike Passow loben die aufwendige Betreuung ihrer Tiere. „Im Sommer können die Pferde den ganzen Tag auf der Koppel stehen, in anderen Ställen sind es zwei Stunden am Tag“, sagt die Stockelsdorferin Ulrike Passow.
„Wir haben hier in 35 Jahren viel Herzblut hineingesteckt“, erzählt Gerhard Moser, „wir haben eine Maschinenhalle und einen Mutterkuhstall gebaut.“ Mit Windkraftanlagen und Biogasanlage wird erneuerbarer Strom für 5000 Haushalte produziert. 400 Tonnen Demeter-Getreide werden jedes Jahr erzeugt. Junge Menschen werden hier ausgebildet.
Ein bewährtes Modell ökologischen und sozialen Zusammenlebens sei in Gefahr, warnen die Pächter. „Die Flächen des Krumbecker Hofs müssen weiterhin ökologisch bewirtschaftet werden“, fordert die Geschäftsführerin der Natur-Kita, Charlotte Jewan, „einen Naturkindergarten inmitten von Äckern, die mit Spritzmitteln behandelt werden, erachten wir als nicht erstrebenswertes Umfeld für Kleinkinder.“
Der Fortbestand der Kita sei aber aktuell nicht gefährdet, relativiert die Geschäftsführerin: „Die Unterverpachtung des Kitageländes muss nahtlos erfolgen und die Gemeinschaft mit all den tierischen und menschlichen Bewohnern muss erhalten bleiben.“
Die anstehende Neuvergabe der Verpachtung führt nicht zwangsläufig zu einem Ende der Strukturen auf dem Krumbecker Hof“, erklärt dagegen die Verwaltung, „jeder Interessent wird sich die bisherige Situation auf dem Stiftsgut ansehen und kann bei einem möglichen Vertragsschluss entscheiden, die bisherigen Strukturen auf dem Hof mit weiteren Miet- und Pachtverhältnissen fortzuführen. Seitens der Stiftungsverwaltung bestehen dagegen keine Bedenken.“
Auch dem bisherigen Pächter stehe es frei, sich darauf zu bewerben, heißt es in der Pressemitteilung der Stadt. Gespräche mit Leonard Güldenpfennig, den Gerhard Moser als Nachfolger vorgeschlagen hat, würden weiterhin geführt, versichert die Verwaltung.