Förster: „Stellen Sie sich das Schlimmste vor!“
Führung zum Thema Hinterlandanbindung durch den Kuhbruch in Bad Schwartau – Mehr als ein Drittel des stadtnahen Waldes wird gerodet

Knapp 100 Interessierte kamen zur Waldführung. Förster Karsten Tybussek (vorn links) und Umweltbeirat Rudolf Meisterjahn (rechts daneben) informierten über den drohenden Waldverlust in Bad Schwartau durch die Schienenhinterlandanbindung der festen Fehmarnbeltquerung.Foto: Sebastian Prey
Bad Schwartau. Das Wetter ist bescheiden und die Aussichten sind düster. Am Treffpunkt zur Waldführung am Wendehammer an der Elisabethstraße in Bad Schwartau am Montagabend regnet es in Strömen. Doch die äußeren Umstände können die Menschen nicht abschrecken. Rund 100 Interessierte sind der gemeinsamen Einladung von Umweltbeirat Rudolf Meisterjahn und Förster Karsten Tybussek gefolgt. „Mit so vielen Menschen bin ich noch nie zu einer Führung gestartet“, sagt Tybussek, der an diesem Abend als Privatmann und nicht als Mitarbeiter der Landesforsten Schleswig-Holstein unterwegs ist.

Schon bei der Begrüßung ist klar: Das wird kein normaler Spaziergang durch den Kuhbruch. Die vielen Menschen sind gekommen, weil sie in Sorge um ihre Stadt, Natur und Lebensqualität sind. „Kein anderer Ort ist von den Planungen der Bahn so stark betroffen wie unsere Stadt. Bad Schwartau hat kurz gesagt die Arschkarte“, erklärt Meisterjahn. Förster Tybussek nimmt ebenfalls kein Blatt vor den Mund: „Man kann nur einen Riesenschrecken bekommen, wenn man weiß, was auf Bad Schwartau zukommt. Stellen Sie sich das Schlimmste vor – und ich sage Ihnen, am Ende wird es noch schlimmer.“

Die Pläne der Deutschen Bahn sehen vor, dass von den rund 30 Hektar stadtnaher Wald im Kuhbruch, Kuhholz und Mönchkamp zunächst elf Hektar gerodet werden müssen. Ein Großteil der Flächen wird als Zufahrt zur Baustelle und als Lagerplatz benötigt. Sieben Hektar sollen später wieder aufgeforstet werden, vier Hektar bleiben waldfrei. Doch der wertvolle Stadtwald in Bad Schwartau mit gut 200 Jahre alten Buchen und Eichen sowie 30 verschiedenen Baumarten werde den Eingriff langfristig nicht überleben, warnt Tybussek.

Der ungewöhnliche Spaziergang führt die Gruppe von der Elisabethstraße durch den Wald entlang der vorhandenen Schienentrasse in die Nikolausstraße. Dieser Waldweg wird im Zuge der Hinterlandanbindung zur Straße mit Fuß- und Radweg ausgebaut. „Es verschwinden nicht nur Bäume. Auch die Tierwelt wird durch Lichtverschmutzung an der beleuchteten Straße betroffen sein“, berichtet Tybussek. Sorgen bereiten ihm zudem die hohen Lärmschutzwände, die entlang der Ortsdurchfahrt errichtet werden sollen. „Die werden sich durch die Sonne aufheizen und für Hitze in der ganzen Stadt sorgen, weil wir keinen Wald als Kühlschrank mehr haben.“

Ohne den Schutz des Waldsaumes werde zudem der restliche Wald leiden. „Die dann ungeschützten Bäume bekommen einen Sonnenbrand”, befürchtet Tybussek. Er glaubt, dass die Planungen der Bahn im Großen und Ganzen nicht mehr aufzuhalten sind. „Der Zug ist abgefahren. Wir rennen den Planungen der Bahn hinterher.“ Es gehe nun aber darum, die Eingriffe möglichst kleinzuhalten und die Bahn von alternativen Vorschlägen zu überzeugen. So könnten zumindest Teile des geplanten Bauplatzes an der Nikolausstraße auf das Areal an den ehemaligen Tennisplätzen in Verlängerung der Elisabethstraße sowie in Richtung Teerhofinsel verlagert werden. Eine weitere Idee ist, die Straßenführung durch den Kuhbruch so zu verändern, dass bestimmte Waldabschnitte nicht tangiert werden.

„Es ist schlimm, dass wir den Planungen der Bahn so hilflos gegenüberstehen. Dass so viele Menschen zu der Führung gekommen sind, macht aber Mut, weiter zu kämpfen. Wir sind nicht allein”, sagt Anwohner Horst Korf (73) von der Bürgerinitiative Kaltenhof. Mitstreiter Volker Claussen befürchtet, dass die vorgelegten Pläne noch nicht das Ende sind. „Es gibt bereits den Wunsch der Hafenwirtschaft, eine Nordanbindung an die Hinterlandanbindung zu bauen. Auch diese Strecke würde durch den Kuhbruch gehen“, berichtet Claussen.Zum Abschluss hat Tybussek noch eine Empfehlung: „Es lohnt sich zu kämpfen. Beteiligen Sie sich an dem anstehenden Planfeststellungsverfahren.“ Das Verfahren zur Planfeststellung des Bad Schwartauer Bauabschnitts startet voraussichtlich im Spätsommer/Herbst dieses Jahres. SEP
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