„Es wurden in der aktuellen Jagdsaison bereits zwei Muntjaks geschossen, eines bei Großenbrode, ein anderes bei Neustadt“, berichtet Kreisjägermeister Thies Rickert aus Seekamp (Gemeinde Neukirchen).
Für ihn ist das steigende Vorkommen der Tiere auf dem europäischen Festland ein Rätsel: „Sie können ja schließlich nicht durch den Ärmelkanal schwimmen.“ Eine Erklärung sei, dass sie möglicherweise mal irgendwo ausgesetzt oder ausgebüxt seien.
In der Region gebe es reichlich Schalenwild, da brauche es keine weitere Wildart, sagt Rickert. Der Kreis Ostholstein hat eine Abschussanordnung erlassen.
„Generell trifft auf alle invasiven Arten zu, dass sie eine ökologische Nische besetzen wollen, die eigentlich gar nicht frei ist. Heimische Tiere werden dadurch verdrängt. Die Population geht zurück oder es führt gar zum Aussterben“, erläutert der Kreisjägermeister. Es bestehe zudem die Gefahr, dass Krankheiten eingeschleppt und übertragen werden.
Sorgen bereitet dem Kreisjägermeister auch der Marderhund: „Das sind Allesfresser. Die sind nicht wählerisch.“ Allein im Bereich der Kreisjägerschaft Oldenburg wurden zuletzt über 300 Tiere erlegt. „Die Art hat eine sehr hohe Reproduktionsrate“, sagt der 51-Jährige.
Verwechselt werden kann der Marderhund mit dem Waschbären, der für die Bevölkerung immer mehr zum Problem wird. „Die Waschbären fühlen sich in Siedlungsbereichen wohl, sie können Mülltonnen öffnen und Dachpfannen hochheben“, erzählt Rickert. Im südlichen Ostholstein würden sie derzeit noch stärker auftreten, als im Nordkreis.
„Invasive Arten können ein Problem, eine Konkurrenz darstellen. Sie können aber auch eine Bereicherung für die Natur sein. Das ist ein komplexes Thema“, erklärt Carsten Pusch, stellvertretender Nabu-Landesvorsitzender. Der Nabu sei nicht explizit gegen das Bejagen. Im Einzelfall sollte man aktiv werden und die Ausbreitung eindämmen. „Beim Marderhund ist es ganz eindeutig. Es ist sinnvoll, ihn zu bekämpfen“, sagt Pusch.
Für richtig wirtschaftliche Probleme kann eine aus Südamerika stammende Nagetierart sorgen. Die Nutrias, oder auch Biberratten genannt, seien auf „Expansionskurs“, betont Thies Rickert. Rund 60 Tiere seien allein schon in der Jagdsaison 2023/24 in Ostholstein geschossen worden.
„Sie kommen aus dem Süden über die Küste bis in die Fließgewässer und suchen sich passende Biotope“, erläutert Rickert. „Sie sind gefährlich für die Deichbefestigungen. Nutrias graben sich einfach da durch. Hinzu kommen große Fraßschäden in der Landwirtschaft.“
Zu den invasiven Arten, die den Jägern zu schaffen machen, gehören außerdem die Nilgänse. „Sie machen viel Rabatz“, erklärt Rickert. Die Nilgans sei sehr aggressiv in ihrem Territorial- und Brutverhalten. Sie kapere fremde Nester, vertreibe dadurch nicht nur den Storch. „Wo die Nilgans ist, gibt es oft auch keine anderen Gänse, Enten oder Blässhühner“, beschreibt Rickert die Situation.
Ein Raubtier, das laut Rickert schon bald in Ostholstein auftauchen könnte, ist der Goldschakal. Die eng mit dem Wolf verwandte Art der Hunde gilt noch nicht als invasiv. Die Auswirkungen dieser Art auf die heimische Natur werden noch erforscht. In Schleswig-Holstein wurden mittlerweile drei Tiere nachgewiesen.
Die invasiven Arten würden oftmals dominanter auftreten als heimische. „Sie erkämpfen sich ihren Raum und breiten sich aus“, macht Thies Rickert deutlich. Die Entwicklung sollte ganz genau im Auge behalten werden und es müsse aktiv dagegen gesteuert werden.