Die Gemeinschaftsschule ist eine der ersten weiterführenden Schulen in Ostholstein, die die Smartphones wegsperrt. Vor Beginn des Unterrichts müssen alle Schüler der Stufen 5 bis 8 ihre Handys in die Schließfächer legen. Am Ende des Schultages gibt es sie zurück.
Der Idee, den Jugendlichen ihr Kommunikationsmittel abzunehmen, gingen viele Probleme voraus. Obwohl schon seit vielen Jahren ein Handyverbot mit Ausnahme der Oberstufe an der Schule besteht, hielten sich viele Schüler nicht an die Regeln. „Das Handy nicht sichtbar in der Tasche zu lassen und es nicht zu nutzen, wurde völlig missachtet. Es wurde echt zu einem Problem“, sagt Christina Milkert, pädagogische Leiterin der CKS.
Chatten mit Klassenkameraden während des Unterrichts, Cyber-Mobbing, pornografische Darstellungen zeigen und in den sozialen Netzwerken teilen – „Social-Media-Probleme werden in die Schule getragen“, sagt Milkert. Damit sollte endgültig Schluss sein.
Deshalb schließen die Lehrer vor Beginn der ersten Stunde die Smartphones der Fünft- bis Achtklässler in die Handygaragen ein. Jede Klasse hat ihre eigene Garage und jeder Lehrer einen Generalschlüssel für den Safe. Die Neunt- und Zehntklässler müssen ihre Telefone erst dann in die Schließfächer legen, wenn sie mit dem Handy in der Hand erwischt werden. Die Oberstufenschüler dürfen ihre Handys nutzen – jedoch nur in den Klassenräumen.
„Das Handy ist kein Arbeitsgerät, sondern ein Kommunikationsmittel. Für den Schulunterricht braucht man kein Handy“, sagt Milkert. „Wir haben eigene Geräte, die die Schüler nutzen können. Wir sind sehr gut ausgestattet.“
Lara findet die Neuheit „nicht so cool“. Die 13-jährige CKS-Schülerin kann der neuen Situation aber auch Gutes abgewinnen. „Es ist vielleicht besser so, weil man sich dann nicht mehr ablenkt“, sagt der Teenager.
Wie in Ratekau gelten auch an anderen Schulen neue Handy-Regeln. So ist seit diesem Schuljahr die GGS Strand in Timmendorfer Strand (Klassen 1 bis 10) handyfreie Zone. Das Smartphone darf zwar mit in die Schule gebracht werden, muss mit Beginn der ersten Stunde jedoch im lautlosen Zustand verstaut werden, erklärt Schulleiterin Esther Passig die neue Handyordnung. Wer gegen das Verbot verstößt, muss sein Smartphone in ein Handy-Hotel legen.
Auch Schüler einzelner Klassen der Stockelsdorfer Gerhard-Hilgendorf-Schule, an der Handynutzung verboten ist, legen testweise die Geräte vor Schulbeginn in das Handy-Hotel. „Durch die Klarheit der Regeln haben wir grundsätzlich keine Diskussionen und deutlich geringe Probleme mit missbräuchlicher Nutzung“, sagt Schulleiter Karsten Lemke.
An der Carl-Maria-von-Weber-Schule in Eutin geben Schüler der fünften bis zehnten Klassen ihre Telefone ebenfalls ab. Ausgeschaltet liegen sie dann in einer Handy-Box, die im Lehrerzimmer steht.
Die Oberstufe nutzt ihre Handys nur in speziellen Räumen. So ist das auch am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Oldenburg und an der Emmi-Bonhoeffer-Schule in Pönitz geregelt. In Pönitz gilt allerdings bereits ab Klasse 10 eine gelockerte Regel.
In Ratekau sind die Auswirkungen des Handyverbots schon zu spüren. „Die Kinder merken, dass sie nicht aufs Handy angewiesen sind. Sie sind viel aufmerksamer und konzentrierter“, berichtet Lehrer Patrick Nesemann von seinen Erfahrungen mit Sechstklässlern.
In den Pausen würden sich die Schüler wieder mehr unterhalten, spielen und bewegen, sagt Christina Milkert in Ratekau. Der Beobachtung stimmen der stellvertretende Weber-Schulleiter Frank Reitmaier in Eutin und Esther Passig in Timmendorf zu. „Niemand starrt mehr in Fluren oder im Treppenhaus auf den Bildschirm in seiner Hand“, sagt Reitmaier. Auch Milkert sieht ein Ziel erreicht: „Wir fördern wieder die Kommunikation und das Miteinander.“ Passig ist überrascht, wie gut ihre handyfreie GGS ankommt. „Viele Schülerinnen und Schüler scheinen aufzuatmen“, berichtet sie.
Eine einheitliche Regelung, wie mit der Handynutzung an Schulen umgegangen wird, gibt es jedoch nicht. An der Jacob-Lienau-Schule in Neustadt sollen Handys zu Hause bleiben. „Wir wollen sie nicht sehen und nicht hören“, sagt Schulleiterin Yvonne Pohle.
Landesweites Handyverbot gibt es derzeit nur an den Grundschulen. Das Land arbeitet daran, auch für weiterführende Schulen eine Lösung zu finden. Im Kieler Dialog „Zukunft Schule“ mit Bildungsministerin Karin Prien, Lehrern, Schülern und Eltern bleibt das Thema Smartphone-Nutzung auf der Agenda.