Über allem stand aber eine Frage: Warum weichen Verwaltung und Politik von ihrem Kurs ab, keinen weiteren Ausbau von Windenergie im Gemeindegebiet zuzulassen? „Es sind keine finanziellen Gründe“, stellte Bauamtsleiter Jan-Christian Ohm klar. Mehr als eine Stunde lang beantwortete Bauamtsleiter Ohm so weit wie möglich den Katalog mit mehr als 30 Fragen. Mit den Antworten und dem Abstimmungsergebnis waren die Gäste am Ende alles andere als zufrieden.
Einstimmig votierte der Ausschuss für Umwelt, Bauen, Planung und öffentliche Sicherheit der Gemeinde Stockelsdorf für die Änderung der Flächennutzungspläne. Bis zu zehn zusätzliche Windkraftanlagen könnten entstehen. „Der Beschluss heißt nicht, dass gebaut wird. Wir legen damit nur ein Untersuchungsgebiet fest, um zu klären, ob und wie viele Windkraftanlagen errichtet werden können. Es ist ganz einfach nur der Beginn eines Untersuchungs- und Planungsauftrags“, erläuterte Ohm. Aus Sicht der Politik und Verwaltung sei es aber sinnvoll, diesen Weg einzuschlagen. Schließlich werde es mit Sicherheit, weitere Windkraftanlagen im Gemeindegebiet geben. Helmut Neu von der UWG: „Wenn wir es nicht tun, werden es andere tun.“
Laut Bauamtsleiter Ohm gebe es nur zwei Handlungsalternativen für die Gemeinde: „Entweder selbst etwas mitgestalten, was man am liebsten gar nicht haben möchte und dabei auch noch wirtschaftlich zu profitieren oder abzuwarten und dann etwas später nur noch zuschauen zu können, wie andere tätig werden, ohne mitgestalten zu können oder von den Ergebnissen zu profitieren.“
Dass Stockelsdorf den Ausbau von Windkraftanlage im Gemeindegebiet selbst in die Hand nimmt, wird durch die Gemeindeöffnungsklausel möglich. Diese Klausel erlaubt es vorübergehend ausschließlich Kommunen, Windenergie-Flächen auszuweisen. So dürfen Kommunen zeitlich begrenzt bis Ende 2027 auch außerhalb der vom Land vorgegebenen Vorranggebiete Windkraftanlagen planen.
Durch die aktive Vorgehensweise über die Gemeindeöffnungsklausel könne die Gemeinde in beschränktem Rahmen Einfluss auf die zukünftigen Gebiete nehmen. Sei es auf die Größe oder den Standort und die Anzahl der Windenergieanlagen, führte Ohm weiter aus. Kernelemente seien zudem eine Beteiligungsmöglichkeit für die Bürger sowie eine Beteiligung der Gemeindewerke Stockelsdorf zu schaffen und am Ende auch von einem vergünstigten Stromtarif zu profitieren. „Diese Möglichkeit besteht nicht, wenn die Entwicklung der Regionalpläne abgewartet wird“, sagte Ohm.
Von dem Sitzungsverlauf enttäuscht zeigte sich Klaus-Olaf Zehle aus Curau, der eine Gruppe von rund 60 Bürgern vertritt. „Natürlich sind wir enttäuscht, dass die Gemeinde die Betroffenheit und die Interessen der Bürger der Dorfschaften nicht berücksichtigt und bewusst Nachteile für die Menschen und die Landschaft in Kauf nimmt“, sagt Zehle. Er hat durchaus erwartet, dass der Aufstellungsbeschluss vertagt wird, um zunächst in den Dialog mit den betroffenen Bürgern zu gehen. Carsten Draudt aus Krumbeck: „Die Beschwichtigungen, man könne noch den ein oder anderen Standort etwas verschieben, klingen dann eher wie eine Farce.“
Die Bewohner der Dorfschaften wollen der Entwicklung nicht tatenlos zusehen. Sie wollen über ein Bürgerbegehren zu einem Bürgerentscheid kommen. Für das Bürgerbegehren sind Unterschriften von 15 Prozent der wahlberechtigten Bürger erforderlich. Zehle: „Wir werden in Kürze damit beginnen, diese Unterschriften zu sammeln.“