Zum Schnack-Mahl ist auch Siegfried Moser gekommen – wie jede Woche. Der 80-Jährige ist meist der erste Gast im Gemeindehaus. Er setzt sich neben Pastor Klaus Bergmann und lässt sich von ihm eine Portion des griechischen Kartoffel-Auberginen-Auflaufs auf den Teller füllen. Das gemeinsame Essen ist für ihn ein großer Halt. „Das hat mich gerettet“, erzählt der Rentner.
Vor vier Jahren starb seine Frau. Nach dem Schicksalsschlag fiel er in ein tiefes Loch. „Ich wog nur noch 53 Kilo“, sagt der ehemalige Lübecker Bauhof-Leiter. Dann sagte ein Bekannter, den er auf dem Friedhof traf, dass er doch mal beim Schnack-Mahl vorbeischauen solle. Das war vor zwei Jahren. Seitdem ist er Dauergast. „Ich fühle mich hier aufgehoben“, sagt Moser und spricht mit den anderen Gästen ein Gebet. Dann wird gegessen und erzählt.
„Jeder ist willkommen. Es sind aber überwiegend Männer, die alleinlebend sind“, berichtet Anne Bebensee, die mit ihrem Team das Essen jede Woche frisch kocht. Vor genau drei Jahren entstand die Idee, einmal in der Woche eine warme Mahlzeit und ein offenes Ohr anzubieten. „Nach der Corona-Zeit haben sich viele Menschen in ihrer Wohnung verkrochen und saßen sieben Tage lang allein vorm Teller“, sagt Klaus Bergmann. Hier hätten sie nun die Möglichkeit, in Gemeinschaft zu essen und miteinander ins Gespräch zu kommen. „Es sind zwei Stunden Familienzeit“, sagt der Pastor.
Auch Dirk Schnackenberg gehört mittlerweile zur „Schnack-Mahl-Familie“. Der Alleinstehende aus Bad Schwartau freut sich auf die Treffen. Nicht nur wegen des guten Essens. „Der Mensch ist nicht gern allein. Und das Essen in Gemeinschaft schmeckt einfach besser“, sagt der gebürtige Bremer. Mit Wolfgang Pfleger unterhält er sich gerade über die regional unterschiedliche Zubereitung von Grünkohl.
Im Gemeindehaus an der Kaltenhöfer Straße kommen Themen auf den Tisch, die die Gäste bewegen. „Man schnackt über Gott und die Welt“, sagt Dirk Schnackenberg. Siegfried Moser genießt den Zusammenhalt der Tischrunde: „Ich muss unter Menschen, ich brauche das“, sagt der 80-Jährige, der auch an anderen Aktionen der Martin-Luther-Gemeinde wie Fahrradtouren oder anderen Ausflügen teilnimmt. Und sonntags besucht er die Kirche in seinem Stadtteil Cleverbrück. „Gemeinschaft untereinander und mit Gott ermöglichen – genau das ist der Auftrag von Gemeinde“, betont Klaus Bergmann.
Dank des Engagements der freien evangelischen Gemeinde, die derzeit etwa 200 Mitglieder zählt, hat Siegfried Moser wieder sein Normalgewicht erreicht. Satt und zufrieden lehnt er sich zurück und lauscht den Gesprächen am Tisch. Der 80-Jährige freut sich schon auf das nächste Schnack-Mahl, das am 9. Januar 2025 stattfindet. Er wird wieder einer der Ersten sein, sich mit einem Kaffee vor die Küche setzen und dem Team beim Kochen zuschauen.
Der Abschied später fällt, wie auch schon die Begrüßung, herzlich aus. „Ich bekomme immer einen Drücker. Das kenne ich, bin es aber nicht gewohnt“, sagt der Bad Schwartauer.