Früher habe es in kalten Wintern noch eine Pause bei den Geburten gegeben, erzählt Henningsen. Doch in diesem Jahr habe er schon im Januar junge Ratten entdeckt. „Das Wetter ist zu warm“, sagt der Kammerjäger. „Bei mittlerweile zehn bis zwölf Würfen pro Jahr bekommen wir den Zuwachs nicht mehr gedeckelt.“
Was hilft gegen die hohe Reproduktionsrate? Die einzige Möglichkeit, der Lage wieder Herr zu werden, seien konzertierte Aktionen, betont Henningsen. Vielerorts reiche es längst nicht mehr aus, nur die Kanäle zu beködern. Zu dieser regelmäßigen Maßnahme sind die Kommunen übrigens gesetzlich verpflichtet.
Viele Anzeichen sprächen dafür, dass derzeit immer mehr private Grundstücke von den robusten Nagetieren heimgesucht werden. Deutliche Spuren für einen Rattenbefall sind braun-schwarze Kothaufen. Die kleinen Zylinder (Wanderratte) oder Zäpfchen (Hausratte) riechen stark nach Ammoniak, erklärt Henningsen.
Weitere Indizien sind Eingangslöcher zu Erdbauten, in denen Golf- oder auch Tennisbälle verschwinden könnten. Zudem nagten Ratten fast alles an, wenn sie dahinter Fressbares vermuten. „Wir hatten Fälle, da haben Ratten Restmülltonnen zernagt, um an deren Inhalt zu kommen“, sagt Henningsen.
Oft müssten sich die Tiere aber gar nicht anstrengen, um an Fressbares zu kommen. Einen Teil der Nahrung bekämen die Kanalbewohner sogar „frei Haus“ geliefert. „Einige Menschen spülen ihre Essensreste vor dem Abwasch durch die Toilette in die Abwasserkanäle“, sagt Henningsen. Für einen gedeckten Tisch sorgten auch Lebensmittel auf Komposthaufen oder Speisereste in leicht zugänglichen Müllsäcken.
Fallobst sollte bei Verdacht auf Rattenbefall auf dem Grundstück schnell eingesammelt werden. Auch Futterplätze für Igel oder Katze können die ungebetenen Gäste anlocken. „Ich habe schon beobachtet, wie sich eine Ratte an schwingenden Ästen und einem dünnen Seil zu einer Vogelfutterstation hangelte“, berichtet Henningsen.
Alarmierend sei es auch, wenn man am helllichten Tag ein eigentlich nachtaktives Tier sieht. „Dann sind da garantiert noch viele andere Ratten in der Nähe versteckt“, erläutert Henningsen. Derartige Situationen erforderten meist eine professionelle Schädlingsbekämpfung.
Diese Vorgehensweise empfiehlt auch die Stadt Eutin. Der Fachdienst Öffentliche Sicherheit rät allen möglicherweise betroffenen Bürgern in Eutin und Süsel, vorsorglich bis Ende Oktober eine Rattenbekämpfung durchzuführen, um die Population für das nächste Jahr so gering wie möglich zu halten.
Dabei wäre es hilfreich, „wenn Sie mit Ihren Nachbarn das Gespräch suchen würden, um gemeinsam den Rattenbefall zu bekämpfen“, heißt es in einer städtischen Pressemitteilung. Zugleich betont die Behörde, dass bei der Auslegung von Rattengift oder dem Aufstellen von Rattenfallen viele Anforderungen erfüllt werden müssen.
Diese Auflagen – beispielsweise der Sachkundenachweis für Giftköder – können meist nur zertifizierte Schädlingsbekämpfer oder andere entsprechend geschulte Personen erfüllen. Auch das Aufstellen von Fallen unterliegt strengen Regeln. „Das ist sinnvoll“, sagt Henningsen. Denn auf diese Weise könne vermieden werden, dass Igel oder Eichhörnchen, Hund oder Katze durch Unkenntnis und Fahrlässigkeit zu Schaden kommen.