„Echt krass“ ist eine Wanderausstellung des Petze Präventionsbüros Kiel, die noch bis zum 16. Oktober in Lübeck in der Diele, Mengstraße 41, zu sehen ist. Sie soll Jugendliche ab der achten Klasse über sexualisierte Gewalt informieren und für sexuelle Grenzverletzungen sensibilisieren. Auch Fachkräfte und Eltern sind eingeladen. An zwei Tagen ist die Ausstellung auch für alle frei zugänglich: Donnerstag, 10., und Montag, 14. Oktober, jeweils von 15.30 bis 17 Uhr.
Das Besondere: Hier geht es nicht ums reine Ansehen von Informationen. Es geht darum, sich in Situationen hineinzuversetzen, sich Gedanken zu machen, aktiv zu werden. Wie zum Beispiel beim Einordnen der Anmachsprüche: „Du hast ein Casting gewonnen. Der Preis ist eine Nacht mit mir“ oder „Hast du Wasser in den Beinen? Meine Wünschelrute schlägt nämlich aus“ oder schlicht „Hey, wie geht‘s?“ Die Besucher entscheiden: „Geht gar nicht“, „Na ja“ oder „Supergut“.
Der Frauennotruf Lübeck betreut mit Schulsozialarbeitern sowie der Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit der Hansestadt die Ausstellung, die schon einmal in Lübeck war. „Sie ist bekannt und begehrt“, sagt Anne Heynatzky vom Frauennotruf. Sie freut sich über das Interesse an den eher schwer zugänglichen Themen. „Junge Menschen kommen ja schon früh mit Themen wie sexuelle Grenzverletzung in Kontakt, zum Beispiel über Chats.“ Aber klar positionieren und Grenzen setzen? Schwierig, wie das Beispiel mit der Partynacht zeigt. „Viele Jugendliche sind sich einfach nicht sicher, wollen erst mal wissen: War Alkohol im Spiel? Was hatte das Mädchen an?“
Das mache deutlich, wie wichtig die Prävention ist. „Der Frauennotruf wird oft angerufen, wenn eine Übergriffigkeit bereits passiert ist – dann ist es zu spät“, sagt Anne Heynatzky.
Ein Teil der Prävention und der Ausstellung: das Auseinandersetzen mit Stereotypen. „Das ist die Grundlage von allem“, sagt Daniela Lückel vom Frauennotruf. „Wenn ich als Frau meine, dass Männer immer recht haben, führt das dazu, dass ich eigene Bedürfnisse außer Acht lasse, Grenzen nicht wahrnehme – und es zur Gewalt kommen kann.“
Falsche Bilder führen zu falschen Annahmen, sagt Schulsozialarbeiter Martin Kürle. „Die meisten Jungen haben schon pornografische Filme gesehen, in denen alle möglichen Sachen gemacht werden. Da entstehen ja völlig falsche Bilder.“ Die sollen mit „Echt krass“ aufgebrochen werden. „Wir wollen keine Meinungen vorgeben – aber bestimmte Dinge sind ja schlicht nicht verhandel- und strafbar.“
Aber: „Wir haben hier nur eineinhalb Stunden Zeit, um Impulse zu geben“, sagt Anne Heynatzky. Was wäre notwendig, um sehr viel mehr Jugendliche nachhaltig zu erreichen? „Platt gesagt: mehr Geld“, sagt sie. Als Externe in den Schulen informieren, Präventionsfächer einrichten, sexuelle Bildung mit Medienkompetenz koppeln, all das wäre sinnvoll, ist sich das Team einig. Bis es so weit ist, werden mit Angeboten wie „Echt krass“ zumindest einige Jugendliche zum Nachdenken angeregt.