Besonders deutlich wird das Dilemma, wenn man von der Hansestadt nach Bad Schwartau fährt und in der Straße Tremskamp auf die Beschilderung achtet. Dort wird auf einem Schild auf die „Teerhofinsel“ hingewiesen, direkt darunter steht der Straßenname „Zur Teerhofsinsel“ – was ist denn nun richtig?
Ein Blick in die Geschichtsbücher: Der Historiker Jan Zimmermann versucht, Hinweise auf den wahren Namen der Insel, die in den Jahren von 1878 bis 1882 entstanden ist, in der Geschichte zu finden. „In den Lübeckischen Adressbüchern taucht die Insel erstmalig im Jahr 1891 auf und wird mit ‚s’ geschrieben. In den Lübeckischen Anzeigen wird erstmalig im Jahr 1902 von einer Teerhofsinsel – mit s – geschrieben“, sagt Zimmermann. „Eine klare Linie ist nicht zu erkennen. Die Lübecker waren sich nie einig. Es geht fröhlich kreuz und quer.“
Zimmermann hat eine alte Ansichtskarte von 1904 aus seiner Sammlung herausgesucht. „Darauf ist von der Teerhofinsel die Rede. Und die wird fälschlicherweise Bad Schwartau zugeordnet“, sagt Zimmermann. „Die Insel macht es einem wirklich nicht leicht.“
Und sogar eine dritte mögliche Schreibweise hat der Historiker gefunden. In einer Detailaufnahme aus einer Landkarte von 1910 wird „Theerhofsinsel“ geschrieben. Das „h“ geht dabei auf die Deutsche Rechtschreibung zu der Zeit zurück. „Ab 1893 durfte auch Teer geschrieben werden, aber es dauert noch, bis sich das durchsetzte“, sagt Zimmermann.Zimmermann selbst würde die Insel ohne ‚s’ schreiben, denn „die Insel des Teerhofs“ sage niemand. Anders wäre es, wenn die Insel nach einer Person benannt worden wäre – dann würde der Historiker ein ‚s’ nutzen. In der 2. Auflage der „Lübeckischen Geschichte“ von 1989 und auch im „Lübeck Lexikon“ wird wiederum „Teerhofsinsel“ als Name angeführt.
Selbst bei der Hansestadt Lübeck ist man sich nicht sicher, wie die Insel heißt. „Diese Frage ist in der Tat gar nicht so eindeutig zu beantworten“, sagt die stellvertretende Stadtsprecherin, Nina Rehberg.
„Der gesamten Problematik liegt das sprachliche Problem des Fugen-s zugrunde, von dem der Online-Duden sagt, es sei ein Verbindungselement zwischen Kompositabestandteilen und diene oft der leichteren Aussprache.“
Bei einer ganzen Reihe von Verbindungen sei der Gebrauch des Fugen-s schwankend. „Auch wenn es bei der Verwendung des Fugen-s gewisse Regeln und Tendenzen gibt, gibt es also wohl kein klares sprachlich richtig oder falsch“, sagt Rehberg. Die Mitarbeiter des Stadtarchivs würden aufgrund der leichteren Aussprache eher kein Fugen-s verwenden.Unzweifelhaft hingegen sei der offizielle Name der Straße „Zur Teerhofsinsel“, weil dieser von der Stadtverwaltung 1968 so vergeben wurde.
Wer es wissen müsste, sind die Anwohner. „Für mich heißt es Teerhofsinsel“, sagt Rainer Kregehr, Miteigentümer der Trave Werft, die bereits seit 40 Jahren ihren Standort auf der Insel hat. „Aber bei unseren Kunden gibt es keine Verwechslungen, deswegen ist mir das nicht so wichtig.“
Ein anderer Anwohner nutzt ebenfalls das „s“. „Das machen meine Nachbarn auch, aber nicht alle“, sagt er. „Die einen sagen so, die anderen so.“