„Wir dachten erst, jemand hätte Babykleidung abgegeben. Dann war die Geschenktüte aber doch etwas schwerer als erwartet“, erzählt die 79-Jährige. Es ist das 23. Baby, das hier abgegeben wurde. Und es ist das zwölfte Mädchen. Katharina nannte sie es deshalb, weil K der zwölfte Buchstabe im Alphabet ist.
Schließlich rief sie den Babynotarzt. „Das Baby muss ganz frisch geboren gewesen sein“, glaubt Garbe. Zusammen mit drei Rettungswagen kam der Arzt wenig später an dem Haus in der Lübecker Innenstadt an. „Katharina wurde dann vor Ort untersucht und in die Uni-Klinik gebracht“, sagt sie.
Dort hat sie die kleine Katharina noch am selben Tag besucht. Mit etwa 2200 Gramm sei das Mädchen zwar recht klein, aber normal entwickelt. „Sie war ganz friedlich und das Wichtigste: total gesund“, erzählt Friederike Garbe. Zum Zustand des Babys sowie zum weiteren Vorgehen darf sich die Uni-Klinik den LN gegenüber nicht äußern.
Friederike Garbe berichtet aber, dass das UKSH direkt nach ihrem Besuch das Jugendamt informiert hat. Dieses bemüht sich nun, Eltern für Katharina zu finden. „Ich habe den zukünftigen Eltern einen Brief geschrieben und ein paar Babysachen dazugelegt“, sagt Garbe.
Um etwa 21.20 Uhr noch am selben Tag erreichte sie dann ein anonymer Anruf. „Ich wurde gefragt, wie es dem Baby in der Babyklappe geht.“ Ob es die Mutter war, weiß sie natürlich nicht, vermutet es aber. Nach der gewünschten Antwort habe die Anruferin gleich wieder aufgelegt. „Die Mutter muss in einer Notlage gewesen sein, hatte mit Sicherheit keinen anderen Ausweg. Aber ihr Baby ist jetzt gerettet.“
1995 hatte Friederike Garbe gemeinsam mit ihrem Mann Günter in dem Patrizierhaus an der Mengstraße 62 das Agape-Haus eröffnet, das jungen Müttern in Not und deren Kindern Unterstützung bietet. Getragen wird es vom Verein „Leben bewahren“, dessen Vorsitzende Garbe ebenfalls ist.
Die Babyklappe kam als zweite bundesweit im Jahr 2000 hinzu. Sie hat an der Außenseite eine Edelstahlklappe. Auf dem liebevoll bezogenen Wärmebettchen in der Klappe liegt immer ein Brief, adressiert an die Person, die ein Baby hineinlegt. Sobald die Klappe geschlossen wird, geht ein Alarm los. Von außen kann die Klappe dann nicht mehr geöffnet werden.
Neben den 23 Babys wurden auch zwei etwas ältere Geschwister dort abgegeben, berichtet die 79-Jährige. Das letzte Kind fand sie im Jahr 2020. Damals lag ein kleiner Junge, Jacob, unter einem Berg Goldfolie in dem Wärmebett.
Wird ein Baby in der Klappe abgegeben, nimmt es das Jugendamt in seine Obhut, erklärt Nicole Dorel, Sprecherin der Stadt Lübeck. Eine für Adoption spezialisierte Fachkraft kontaktiert die Klinik und besucht das Kind. In der Babyklappe hinterlassene Gegenstände oder Briefe werden in der Adoptionsvermittlungsstelle archiviert.
„Bei allen Adoptionen geht es darum, dass ein Kind gut und behütet in einer Familie aufwachsen kann“, sagt Dorel. Die Bedürfnisse des Kindes stünden stets im Mittelpunkt. Das Fachkräfteteam wählt daher so schnell wie möglich Adoptiveltern aus dem Kreis der Bewerberinnen und Bewerber aus. Auch Katharina wird bald ihre zukünftigen Eltern kennenlernen.