Nein, so richtig angekommen war Juri Knorr noch nicht wirklich: Zu frisch sind die Eindrücke von den Olympischen Spielen in Frankreich, dem an Dramatik kaum zu überbietenden Handballturnier mit Herzschlag-Spielen im Viertelfinale gegen Frankreich (35:34), dem Halbfinale am Freitag gegen Spanien (25:24) und der großen Abschlussfeier plus Party am Sonntag.
„Die Wochen in Frankreich waren extrem, ich muss erstmal wieder runter kommen“, meinte der 24-jährige Spielmacher der deutschen Handballer. Am Montag ging es kurz zurück nach Heidelberg, am Dienstag zur Familie nach Bad Schwartau – und am Donnerstag dort ins Rathaus. Juri Knorr kam mit Vater Thomas ganz leger in Jeans und Shirt – die olympische Silbermedaille in der rechten Hosentasche – und staunte nicht schlecht über den großen Andrang.
Familie, Freunde, Fans und Wegbegleiter waren zu Ehren des Silbermedaillengewinners gekommen. „Der Saal war bei einer Stadtverordnetenversammlung noch nie so voll“, freute sich Bürgermeisterin Dr. Katrin Engeln, die „Hüterin“ des Goldenen Buches, des „wichtigsten der Stadt“. Kein Thema war das 26:39 im Finale gegen Dänemark: „Juri hat mit den Handballern Silber gewonnen und nicht Gold verloren“, stellte die Bürgermeisterin klar.
Als erster Prominenter hatte sich am 14. April 1989 der ehemalige Ministerpräsident Björn Engholm auf der ersten Seite bei einem Besuch im Rathaus eingetragen. „Das ist ein sehr bedeutender Moment für mich“, sagte Juri Knorr sichtlich bewegt beim Blick in viele vertraute Gesichter, junge und alte, bekannte und unbekannte: „In Bad Schwartau bin ich groß geworden, es ist mein Zuhause.“ Bürgermeisterin Engeln musste bei diesen Worten aus Rührung kurz schlucken.
Dann trug er sich mit einem schwarzen Stift ins Goldene Buch ein: „Ich bin dankbar, dass ich an einem so geborgenen, friedlichen sowie schönen Ort aufwachsen durfte. Die Stadt Bad Schwartau wird immer meine Heimat sein. Danke! Juri“, steht dort unter dem – vorerst letzten – Eintrag seit dem 15. August 2024.
Kreispräsidentin Petra Kirner brachte als erste Repräsentantin des Kreises Ostholstein zugleich die Glückwünsche von Landrat Timo Gaarz mit und überreichte einen großen Blumenstrauß: „Ich habe noch immer richtig Gänsehaut“, sagte sie nach der Übergabe und verriet: „Ich stehe per WhatsApp in ständigem Austausch mit Juris Großvater, bekomme von ihm immer sofort alle Infos. Persönlich habe Juri noch nie getroffen, bin aber schon lange Fan, gucke alle Spiele und lese alles, was ich über ihn finden kann.“
Mit dem Eintrag ins Goldene Buch war Juri Knorrs Besuch im Rathaus allerdings noch lange nicht vorbei: Er unterschrieb unzählige Autogrammkarten, signierte Trikots, Shirts, ein Paar Schuhe und Handbälle und erfüllte mit einer Engelsgeduld bereitwillig und gern jeden einzelnen Fotowunsch, bis keiner mehr offen blieb.
In Bad Schwartau, so sagte er, wolle er nach dem Medienrummel in Frankreich nun erstmal herunter kommen, Ruhe finden. Doch nach seinem Extra-Urlaub geht schon am Montag das Training beim Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen wieder los. „Diese Saison spiele ich auf jeden Fall bei den Löwen“, dementiert er Gerüchte über einen vorzeitigen Wechsel nach Dänemark zu Aalborg Handbold. Der steht erst im Sommer 2025 an.