Nach Angaben des Verkehrsunternehmens muss Bad Schwartau pro Tag mit diesen Zugzahlen rechnen: 70 Güterzüge mit einer Länge von bis zu 835 Metern, 220 Fahrten im Personennahverkehr und 24 im Fernverkehr. In Summe sind das 314 Zugfahrten. Gleichmäßig verteilt auf den gesamten Tag würde also alle viereinhalb Minuten ein Zug durch Ostholsteins größte Stadt fahren.
Aber so funktioniert die Rechnung nur theoretisch: Denn nachts und in den Randzeiten fährt weniger Personenverkehr, was tagsüber die Abstände zwischen den Fahrten noch weiter verkürzen dürfte. Eine Überlastung der Strecke durch die enge Taktung − und damit auch eine erhöhte Gefahr von Verspätungen, wenn ein Zug sein Zeitfenster verpasst − sieht die Bahn aber nicht.Die neue Strecke, samt Elektrifizierung und moderner, digitaler Signal- und Weichentechnik, lasse die Züge zuverlässiger fahren, antwortet eine Konzernsprecherin auf Nachfrage. Vielmehr sei die Auslastung der Strecke „im bundesweiten Vergleich nicht außergewöhnlich hoch“. Und weiter: Man berufe sich bezüglich der Streckenkapazität auf die Vorgaben des Bundesschienenwege-Ausbaugesetzes.
Dass es auf der Strecke doch ziemlich eng werden wird, zeigen die Pläne der Bahn, mehr Güterzüge nachts fahren zu lassen. Waren 2018 noch 21 Fahrten zwischen 22 und 6 Uhr vorgesehen, soll mittlerweile in diesem Zeitraum mehr als die Hälfte, also mindestens 36 Güterzüge, unterwegs sein.
Und das hat Folgen für die Menschen, die an der Strecke leben. Während meterhohe Wände den Lärm des Schienenverkehrs einfangen können, werden laut Informationen der Bahn nachts 210 Häuser entlang der Trasse nicht ausreichend gegen Erschütterungen geschützt.
Warum sind so viele Züge auf der Strecke unterwegs? Kurze Antwort: Bad Schwartau ist für den Schienenverkehr ein Flaschenhals. Lübeck ist mit Kiel über die Stadt verbunden. Allein die Anbindung in die Landeshauptstadt mit Abzweig an der nördlichen Stadtgrenze soll täglich 108 Nahverkehrsfahrten bedienen. 74 Fahrten sind vorgesehen auf der Strecke Lübeck − Neustadt.
130 Fahrten (Güter-, Nah- und Fernverkehr) sind geplant auf der Strecke durch Ostholstein bis nach Fehmarn und zum Teil weiter durch den Belttunnel nach Dänemark. Aber es geht noch mehr: Auf der Strecke Lübeck-Hauptbahnhof bis zum Abzweig Waldhalle (Südgrenze Bad Schwartau) nach Travemünde sind täglich sogar 412 Fahrten getaktet, darunter 100 Güterzüge.
Zum Vergleich ein Blick zurück: Von 1963 bis 1997 sind durch Bad Schwartau etliche Güterzüge gefahren. Immerhin mehr als elf Millionen Tonnen Güter wurden beispielsweise 2010 auf der Vogelfluglinien transportiert. Dennoch deutlich weniger, als jetzt geplant ist. Bis Dezember 2019 verkehrten außerdem bis zu 15 Fernverkehrszüge.
Mit der Elektrifizierung der Strecke durch Ostholstein soll der Güterverkehr nach Ostdänemark und Schweden, der seit 1997 über Flensburg und die Jütlandroute verläuft, über den Fehmarnbelttunnel fahren. 140 Kilometer ist die neue Anbindung kürzer. Das sei mit deutlichen Transportkosteneinsparungen und Zeitgewinnen verbunden, heißt es von der Bahn.