Die Gründe liegen oftmals auf der Hand: Fußgänger beklagen sich über zugeparkte Gehwege, Radfahrer können Radwege wegen der Autos nicht richtig nutzen, die Feuerwehr- und Rettungswagen passen in engen Straßen, in denen viele Autos parken, kaum noch durch. Dann kommen Ordnungskräfte und die Straßenverkehrsbehörde ins Spiel. Sie gehen Bürgerbeschwerden nach, checken Sicherheitsbedenken, prüfen, ob neue Halteverbote ausgesprochen und umgesetzt werden.
Wird in Lübeck verstärkt Parkraum gestrichen? Wie viele Halteverbote sind in den vergangenen Jahren in der Hansestadt tatsächlich zu den bestehenden hinzugekommen? „Wir können dazu keine Zahlen liefern“, sagt Nicole Dorel, Sprecherin der Hansestadt Lübeck. Die Recherche sei zu aufwendig, Hunderte Ordner müssten dafür durchgesehen werden.Gefühlt ist die Anzahl der neu ausgewiesenen Halteverbote zwar gestiegen. Aber: Belegbar ist das nicht. Die Stadtverwaltung verweist auf eine verbesserte Kommunikation. „Die Pressestelle hat in den vergangenen Jahren in Absprache mit dem Bereich Stadtgrün und Verkehr und dem Ordnungsamt die proaktive Kommunikation optimiert.“ Dadurch entstehe der rein subjektive Eindruck, dass mehr Halteverbote ausgesprochen würden. Früher sei über viele Veränderungen im Straßenverkehr einfach nicht berichtet worden, teilt Dorel mit.
Fakt ist: Die Hansestadt Lübeck setzt mittlerweile mehr Mitarbeitende im Kommunalen Ordnungsdienst ein als noch vor einigen Jahren. Das bestätigt Nicole Dorel. Diese personelle Aufstockung führe dazu, dass schneller auf Beschwerden und Meldungen reagiert werden könne. „Zudem können die Kontrollen im Stadtgebiet umfassender erfolgen. Dies hat jedoch nicht unmittelbar zur Folge, dass auch mehr Halteverbote angeordnet werden“, sagt die Stadtsprecherin.Auch die Beschwerden über falsch geparkte Fahrzeug nehmen in Lübeck zu. „Ja, die Beschwerdelage der Bürger steigt in der Tat“, sagt die Stadtsprecherin. „In den städtebaulich besonders verdichteten Wohnquartieren mit engen Straßen und schmalen Gehwegen entstehen naturgemäß mehr Konflikte.“ Wie viele Beschwerden monatlich bei der Stadt eingehen, dazu kann das Presseamt aber keine Angaben machen: „Eine statistische Erfassung erfolgt nicht.“
Wiegroß die Spannungen bei dem Thema mittlerweile sind, zeigt das Wakenitzviertel in St. Jürgen. Dort hatten Sicherheitsbedenken im vergangenen Winter dazu geführt, dass die Stadtverwaltung absolute Halteverbote in gleich fünf Straßen aussprach. Anwohner Rainer Würtz gründete daraufhin eine Bürgerinitiative und sammelte Unterschriften gegen die Halteverbote.
Vergeblich: Anfang Mai kam eine umfassende Antwort von Bürgermeister Jan Lindenau (SPD). Darin begründete der Verwaltungschef die Halteverbote mit der Gefahrenabwehr. Alternativvorschläge, die die Bürgerinitiative der Stadtverwaltung gemacht hatte, wurden allesamt – umfassend begründet – abgelehnt. Würtz und seine Mitstreiter wissen: Die Stadt ist im Recht. Dennoch fühlen sie sich abgewiesen. „Das ist sehr betrüblich“, sagt Würtz. „Aber immerhin haben wir es versucht.“