Das Umspannwerk in Stockelsdorf trägt offiziell den Namen Lübeck-West und hat eine Schlüsselfunktion. „Nur wenn der Bau steht, macht die 380-kV-Ostküstenleitung Sinn“, sagt Jürgen Eichhorn, zuständiger Projektleiter. „Das Umspannwerk ist ein wichtiger Knotenpunkt, um die Spannung in die Region zu verteilen.“ Denn die bestehende und wesentlich kleinere Anlage auf der gegenüberliegenden Seite der Landesstraße ist für die neue Stromtrasse nicht kompatibel und für Leitungen mit maximal 220 kV ausgelegt.
Um im Zuge der Energiewende die Stromversorgung mit erneuerbaren Energien sicherzustellen, werden im ganzen Land 380-kV-Leitungen und entsprechende Umspannwerke errichtet. Grund: Je höher die Spannung, desto geringer ist der Energieverlust auf dem Transportweg. Ein weiterer Vorteil: Mit dem neuen Umspannwerk können größere Mengen erneuerbarer Energien aus Ostholstein in andere Teile der Republik gelangen.
Das Werk Lübeck-West soll Ende 2026 in Betrieb gehen. Bis dahin soll zumindest die neue Starkstromtrasse Lübeck-Siems–Bad Schwartau–Stockelsdorf nebst neuen Masten stehen. „Die Planfeststellung hat sich verzögert, aber wir rechnen damit noch in diesem Sommer“, sagt Tennet-Bürgerreferent Sören Wendt. „Die Fertigstellung aller drei Teilstücke der Ostküstenleitung ist aber weiter für 2027 vorgesehen.“ Die Planungsabschnitte sind: von Henstedt-Ulzburg im Kreis Segeberg nach Stockelsdorf (rund 53 Kilometer), von Lübeck-Siems nach Stockelsdorf (rund 15 Kilometer) sowie von Göhl nach Stockelsdorf (rund 52 Kilometer).
An einer möglichen Verzögerung wäre das Umspannwerk bei Pohnsdorf jedenfalls nicht schuld. „Das ist unsere Musterbaustelle“, erklärt Sprecher Wendt. Und so laufen an der L184 derzeit die unterschiedlichsten Arbeiten parallel. Tiefbau, Hochbau und Elektro-Arbeiten sind im Gange. Während an der einen Stelle noch Sand abgefahren und an der Bodenentwässerung gearbeitet wird, werden auf den ersten von insgesamt 23 Schaltfeldern (100 Meter lang und 20 Meter breit) schachbrettartig, acht Tonnen schwere Beton-Fertigfundamente platziert. Darauf werden Stahlträger, Isolatoren und am Ende Hochspannungsgeräte montiert. Parallel finden die Mauerarbeiten für das Betriebsgebäude statt.
Die Herzstücke des neuen Umspannwerks werden zunächst drei gigantische Transformatoren sein. Projektleiter Eichhorn: „Im Zuge einer Umspannwerk-Erweiterung werden später weitere hinzukommen.“ Die erste Lieferung aus Mönchengladbach erfolgt im Herbst per Binnenschiff nach Lübeck. Von dort werden die jeweils 200 Tonnen schweren und rund sieben Millionen Euro teuren Kolosse zum neuen Umspannwerk gebracht. Der Transport wird spektakulär und extrem aufwendig. Die Trafos, die laut Eichhorn jeweils so groß wie ein Einfamilienhaus sind, werden auf einem bis zu 80 Meter langen Fahrzeug angeliefert. Die leistungsstarken Trafos werden später noch eingehaust, sodass das 50-Hertz-Brummen, das auf dem Areal des derzeitigen Umspannwerks und bis nach Pohnsdorf zu vernehmen ist, nicht mehr zu hören sein wird. Wendt: „Das neue Umspannwerk wird zwar deutlich größer, aber dafür wesentlich leiser.“
Die moderne Stromkreuzung in Stockelsdorf ist nicht der einzige Neubau entlang der 380-kV-Ostküstenleitung. Insgesamt werde die Stromautobahn an vier Umspannwerken mit anderen Leitungen verbunden. Weitere Umspannwerke werden in Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg), in Lübeck-Siems und in Göhl errichtet. Im Bereich Ratekau plant Tennet zudem ein weiteres Werk. Wendt: „Die Pläne dafür sind noch nicht konkret. Es gibt auch bislang kein Grundstück.“