Beide Kommunen stehen tief im Soll. Rein theoretisch wäre allein Stockelsdorf verpflichtet, noch in diesem Jahr 186 Menschen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, aufzunehmen. Mit 188 ist die Zahl von Geflüchteten, die der Stadt Bad Schwartau noch vom Kreis Ostholstein 2024 zugewiesen werden könnten, ähnlich hoch. „Was die Jahresquote angeht, liegen wir mit 12,6 Prozent kreisweit am Ende“, sagt Dennis Wiese aus dem Ordnungsamt Bad Schwartau.
In Bad Schwartau wurde lange Zeit auf eine dezentrale Unterbringung gesetzt. In Anbetracht des angespannten Wohnungsmarktes und der noch zu erfüllenden Quote geht die Stadt nun zwei ungeliebte Vorhaben an. Die Containeranlage an der Pohnsdorfer Straße soll für 1,6 Millionen Euro erweitert werden. Zudem wird die ehemalige Gaststätte Marienholm an der Kal-tenhöfer Straße für rund 200.000 Euro für Flüchtlinge hergerichtet. Vor dem Hintergrund, dass die Bahn das Gebäude im Zuge der Schienenhinterlandanbindung zur festen Fehmarnbeltquerung vermutlich 2027 abreißen will, ist das eine Menge Geld. Bürgermeisterin Engeln: „Das ist mit Sicherheit keine nachhaltige Lösung, aber es ist derzeit die praktikabelste.“
Für beide Vorhaben rechnet die Stadt mit Fördergeldern – rund 800.000 Euro für die Wohncontaineranlage und rund 150.000 für die ehemalige Gaststätte Marienholm. Damit es auch eine Förderung gibt, müssen beide Projekte bis Ende Oktober dieses Jahres abgeschlossen und bezugsfertig sein. Entsprechend muss aufs Tempo gedrückt werden.
„Wir sind ständig auf der Suche“, sagt Julia Samtleben. Doch diese wird immer schwieriger. Zumal auch die Vermieter häufig Bedingungen stellen. So werden etliche Wohnungen nur zum Anmieten zur Verfügung gestellt, wenn die Gemeinde zusagt, diese nur mit geflüchteten Menschen aus der Ukraine zu belegen. „So konnten wir immerhin seit Anfang des Jahres 20 Ukrainer aufnehmen“, berichtet Julia Samtleben, die trotz der angespannten Lage weiterhin auf eine dezentrale Lösung ohne Container-Unterkünfte setzt. Doch bis die angedachten Neubauprojekte in Stockelsdorf stehen, wird es noch Jahre dauern.
Am konkretesten sind die Pläne in der Max-Hamerich-Straße. Dort sollen zwei Mehrfamilienhäuser mit jeweils sechs Wohneinheiten entstehen. Dafür muss allerdings der dortige Spielplatz auf die andere Straßenseite verlegt werden. Dadurch wird aber die Fläche des Bolzplatzes verkleinert. In der Angelegenheit läuft noch eine Normenkontrollklage einer Anwohner-Initiative.
Im Herbst könnte mit der Spielplatz-Verlegung begonnen werden, sodass im Frühjahr 2025 nach einer europaweiten Ausschreibung mit dem Bau begonnen werden kann. An eine Fertigstellung wäre nicht vor Ende 2026 zu denken.
Noch viel weiter entfernt und ohne fertige Bauleitplanungen sind die Pläne in der Rudolf-Diesel-Straße. Das Areal am Ende des Wendehammers stand schon 2015 ganz oben auf der Liste. Doch wegen zahlreicher Proteste aus der Nachbarschaft wurden die Pläne am Ende erst einmal auf Eis gelegt und nun wieder hervorgeholt.
„Wir stehen im Kontakt mit den Anwohnern und wollen solche Projekte nur im Konsens mit den Nachbarn umsetzen“, berichtet Samtleben. So sei beispielsweise im Gespräch, die Belegung des Mehrfamilienhauses festzulegen, sodass dort maximal 50 Prozent der Bewohner aus anderen Ländern geflüchtet ist.