Insbesondere die Anwohner der Nikolausstraße bekommen Probleme. „Es sind nicht nur massive Einschränkungen in der Lebens- und Wohnqualität“, sagt Marcel Korthals, der dort mit seiner Familie in seinem Elternhaus lebt. Bislang blicken die Korthals von ihrem Grundstück ins Grüne. Doch die Bahn plant im Zuge der Hinterlandanbindung, Teile des Wäldchens Kuhbruch abzuholzen, um eine neue Straße von der Elisabethstraße zu bauen und um einen Bauplatz zu errichten. Nach ersten Schätzungen der Bahn dürften für die Erdbewegungen im Bereich der Ortsdurchfahrt Bad Schwartau um die 15.000 Lkw-Transporte notwendig sein.
„Das bedeutet nicht nur Staub und Lärm, sondern auch ein immenser Wertverlust der Häuser und Grundstücke“, sagt Korthals. Der 47-jährige Immobilienmakler taxiert die Wertverluste in dem Quartier je nach Lage zwischen 20 und 60 Prozent. Seinen Berechnungen nach sind 40 Häuser unmittelbar und um die 100 Immobilien mittelbar von den Plänen betroffen. Der gesamte Wertverlust dürfte sich auf 16 bis 26 Millionen Euro belaufen. „Das ist für mich eine Immobilienwertenteignung zum Allgemeinwohl“, kritisiert Korthals.
Ein Nachbar, der aus beruflichen Gründen nicht namentlich genannt werden möchte: „Die Gebäude sind jetzt schon praktisch unverkäuflich. Und von dem, was ich nun bekommen würde, könnte ich niemals ein adäquates Haus bekommen.“ Lennart Schulenburg (34) überlegt dennoch mit seiner Familie wegzuziehen. „Wir haben zwei kleine Kinder. Direkt vor unserem Grundstück soll die neue Straße münden, wo derzeit noch ein Spielplatz ist“, sagt Schulenburg, der erst 2019 in die Nikolausstraße gezogen ist. „Wir wussten natürlich um die Bahnlinie in der Nähe, aber dass der Spielplatz und Teile des Kuhbruchs abgeholzt werden, war da noch kein Thema.“
Ties Karstens (82) ist in der Nikolausstraße aufgewachsen. „Was hier vorgesehen ist, kann man sich gar nicht vorstellen“, sagt Karstens. Unabhängig von der persönlichen Betroffenheit könne er überhaupt nicht nachvollziehen, warum die Bahn weiter an der Trassenführung mitten durch Bad Schwartau festhalte. „Es macht doch keinen Sinn, da entlangzufahren, wo die Betroffenheit am größten ist“, sagt Karstens, der wie viele Nachbarn darauf hofft, dass die Trassenführung noch einmal auf den Tisch kommt.
Das sieht Bad Schwartaus Umweltbeirat Rudolf Meisterjahn ähnlich. „Die Entscheidung aus dem Raumordnungsverfahren von vor zwölf Jahren muss noch einmal überprüft werden“, sagt Meisterjahn und erinnert daran, dass im gesamten Verlauf der Hinterlandanbindung die Orte umfahren werden, nur in Bad Schwartau nicht. Aus seiner Sicht dürfen nicht Teile des Kuhbruchs, der als Erholungswald ausgewiesen ist, einfach eliminiert werden. „Der geplante Kahlschlag ist nicht hinnehmbar.“
Von einem Kahlschlag will die Bahn indes nichts wissen. „Eine belastbare Zahl, wie viel Wald weichen muss, können wir zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht nennen. Wir versuchen, den Eingriff aber so gering wie möglich zu halten, indem wir die Fläche, die wir für unsere Baustelle brauchen, später für die neue Straße nutzen. Für jeden gefällten Baum wird mindestens ein neuer nachgepflanzt“, teilt eine Bahn-Sprecherin auf LN-Anfrage mit.