Noch bis Mitte Mai sind knapp 20 dieser meist ärmellosen, dezent oder weniger dezent gemusterten Kittelschürzen im Schaufenster Breite Straße und am Schrangen zu bewundern. Für Dienstag, 30. April, 17 Uhr, ist unter den Arkaden vor dem einstigen Haupteingang von Karstadt eine Modenschau mit etwa 60 Kittelschürzen geplant – kuratiert und organisiert von Stefanie Reis und Modedesignerin/ Upcycling-Expertin Simone Graber, am Synthesizer begleitet von Kultur- und Modefachmann Tilo Strauß. Präsentiert werden sie von 20 Models aus dem Freundeskreis von Stefanie Reis.
„Kittelschürzen waren in meiner Kindheit und Jugend so selbstverständlich, dass ich sie gar nicht wahrgenommen habe. Fast alle älteren Frauen haben sie wie eine dritte Haut getragen“, erinnert sich Stefanie Reis. Dennoch hat sie vor rund 20 Jahren ihr erstes Exemplar, eine schwarz-weiß gemusterte Kittelschürze mit Knopfleiste, ihrer Oma „abgequatscht“, erzählt Reis.
Als ihre Oma dann starb, rettete sie die bereits von ihrer Tante für die Kleidersammlung aussortierten Schürzen, „denn ich wusste plötzlich: Ich will sie – irgendetwas ist damit!“ Und die spontane Eingebung trog nicht – denn Kittelschürzen sind Erzählstoff. Sie erzählen Geschichten – von den jeweiligen Zeiten und von den Frauen, die sie trugen. Inzwischen ist ihre Sammlung auf 60 Exemplare angewachsen. Einige wurden dezent gestopft, Nähte haben sich teilweise gelöst: „Sie sind gelebtes Leben“, sagt die Kulturwissenschaftlerin.
Vor allem aber seien die Schürzen ein Trigger-Medium für Erinnerungen aller Art. So habe sie ein Super-8-Video einer Frau bekommen, deren Oma Hefeklöße in einer Kittelschürze macht. „Es ist gar nicht absehbar, was für Geschichten bei den Gesprächen über Kittelschürzen herauskommen“, sagt die Sammlerin, die aus Erzählstoff, Fotos, kreativen Anproben, neuem und historischem Kontext künstlerische Format entwickelt.
„Kittel Couture“ nennt sie das.Kittelschürzen seien oft negativ belegt – als Symbol für „das Heimchen am Herd“. Für sie seien sie allerdings auch Sinnbild „für eine Menge cooler Frauen, die den Laden am Laufen hielten und ihre Position behaupteten“.
Stefanie Reis ruft auch Lübeckerinnen auf, sich mit abgelegten Kittelschürzen und ihren Geschichten an sie zu wenden. „Auf keinen Fall in die Altkleidersammlung geben“, bittet sie. „Ich freue mich über jeden Kittel, jede Erzählung und über alte Fotos. Besonders freue ich mich, wenn sich echte Kittelträgerinnen melden!“ Sie verspricht: „Den eingereichten Kitteln winken ein zweites Leben, neue Aufmerksamkeit und ein Platz in einem weiteren Schaufenster später im Jahr.“ Unterstützt werden Ausstellung und Modenschau von „Lübeck Übergangsweise“ und vom Theater Lübeck, das einen roten Teppich für die Modenschau stellt.Kontakt für Kittelschürzen, Fotos und Geschichten: Stefanie Reis, E-Mail: hallo@diekittel.de, Telefon: 01 76/70 07 83 05, Instagram: www.instagram.com/die_kittel/ oder über die Website www.diekittel.de erbeten.