Noch schwieriger aber ist es bekanntlich, aus dem Knast wieder herauszukommen. Auch Silke Nagel verlässt ihn so bald noch nicht. „Ich übernehme künftig die sozialtherapeutische Abteilung“, sagte sie. In drei Wohngruppen leben dort 39 Bewohner, betreut von drei Psychologen und 20 Vollzugsbeamten. Damit habe sie die Möglichkeit, sich dem Thema zuzuwenden, das sie schon seit dem Studium fasziniert habe – der Behandlung von Gewalt- und Sexualstraftätern. „Einer der spannendsten Bereiche des Vollzugs.“ Auf die neue Tätigkeit, die ein Herzenswunsch sei, freue sie sich sehr – auch wenn sie dafür die ebenfalls gerne ausgeübte Stelle als JVA-Chefin abgeben müsse.
In ihrer Zeit als Anstaltsleiterin habe sie seit dem 1. Januar 2017 das Vollzugskonzept modernisieren können, sagte sie in ihrer Ansprache. Es habe aber auch „viele brenzlige Situationen und außerordentliche Vorkommnisse“ gegeben. „Bis hin zur Geiselnahme.“ Das alles sei professionell aufgearbeitet worden. 2019 hatte ein Gefangener eine Anstaltspsychologin als Geisel genommen und mit einem Messer bedroht, um eine Abschiebung in sein Heimatland Rumänien zu erzwingen.
Marc Arnold, der „Neue“, ist in der JVA kein Unbekannter. Bereits 2016 kam er direkt nach seinem Jura-Studium als Abteilungsleiter in die Anstalt. Statt einem Jahr, wie zunächst gedacht, blieb er zweieinhalb. „Einen vielfältigeren und abwechslungsreicheren Arbeitsplatz als im Justizvollzug kann ich mir nicht vorstellen“, sagte Arnold. Zuletzt war er bei der Staatsanwaltschaft Leipzig tätig.
Nun wolle er „Gespräche führen“ und sich „ein Bild verschaffen“. „Ich habe kein Zehn-Punkte-Programm, das ich umsetzen möchte.“ Wichtig sei ihm, den offenen Vollzug zu stärken. „Hinter geschlossenen Mauern ist es schwer, Menschen in die Gesellschaft zu integrieren“, sagte er. Insofern sei es wichtig, den Gefangenen vor der Entlassung die Möglichkeit zu geben, sich außerhalb wieder zurechtzufinden und dort möglichst einer Arbeit nachzugehen. „Natürlich müssen die Gefangenen auch dafür geeignet sein.“
Eine wichtige Aufgabe sei zudem die Begleitung des derzeit entstehenden Neubaus in der Haftanstalt, der 86 Haftplätze und eine Abteilung auch für Senioren haben soll. Fertigstellungstermin ist 2025. In einem weiteren, dieses Jahr zu beginnenden Neubau sollen ab 2027 psychiatrisch auffällige Gefangene untergebracht werden.
Privat stehe für ihn und seine Familie nun der Umzug von Leipzig nach Lübeck an, sagte Arnold den LN. Für die beiden Kinder (ein und vier Jahre) müssten Kitaplätze gefunden werden. „Wir freuen uns, wieder am Meer zu sein.“ Arnold ist in Hamburg geboren und in Mölln aufgewachsen. Dort besuchte er das Marion-Dönhoff-Gymnasium.
Sowohl für Marc Arnold als auch für Silke Nagel wird es also kein Neuanfang auf einem unbekannten Terrain. Viele der 377 Mitarbeiter der JVA, die über 500 Haftplätze verfügt, wissen bereits, mit wem sie es als Chef zu tun haben werden. Ihrem Nachfolger könne sich auf einen kompetenten und einsatzstarken Mitarbeiterstamm stützen, sagte Silke Nagel: „Das Team weiß, wie man die Segel setzt.“